- die biologischen Grundlagen
des menschlichen Soziallebens
So urteilt der führende österreichische Literaturkritiker:
„Sehr interessant, auch
geistreich, informativ, gut geschrieben, und für einen interessierten,
intelligenten Laien wie mich durchaus erhellend. Der Artikel ist sicher für ein
großes Publikum geeignet, wird aber auch den Fachmann nicht langweilen.“
Karl-Markus
Gauß
7.
Juni 2004
- die biologischen Grundlagen
des menschlichen Soziallebens
Ein Gespenst geht um in Europa - das Gespenst des Neodarwinismus. Alle Mächte
des alten Europa haben sich zu einer heiligen Hetzjagd gegen dies Gespenst
verbündet ...
... so könnte man, frei nach Marx und Engels, die geistesgeschichtliche
Auseinandersetzung charakterisieren, die sich seit dreissig Jahren in unserem
Kontinent abspielt.
1. Die Provokation
In der Tat, die Aussagen der Soziobiologie könnten
anstößiger nicht sein:
"Wahre Nächstenliebe ist eine
Geisteskrankheit."
"Gewaltbereitschaft und Mordlust steigern den Sexappeal des Mannes."
"Wir sind für den Ehebruch programmiert."
"Völkermord bedeutet den Sieg der Tüchtigen."
"Vergewaltigung von Frauen ist ein natürlicher Vorgang."
"Kindermord ist eine gesunde Verhaltenstendenz."
"Macht ist das wirksamste Aphrodisiakum."
"Diskriminierung von Behinderten ist dem Menschen angeboren und steigert
seine Fitness."
"Treue ist die Tugend des Minderwertigen, Eifersucht sein Schicksal."
Wer's nicht glaubt: Eine kurze und allgemeinverständliche, wissenschaftliche
Begründung dieser Zumutungen findet sich im Anhang.
Rational nachvollziehbar werden diese und alle anderen Statements der
Soziobiologie, wenn man die egoistische Quintessenz allen Lebens wirklich
verstanden und reflektiert hat:
Die einzige Aufgabe aller Lebewesen
ist die
optimale Fortpflanzung ihrer eigenen Gene.
Dieses einzige und absolute Grundgesetz der gesamten Biologie ist eigentlich so
banal, dass man sich wundert, warum es solche Widerstände hervorruft. Denn es
ergibt sich zwangsläufig aus dem folgenden trivialen Automatismus, der doch
eigentlich allen klar sein müsste:
Gene (Erbanlagen), die ein Individuum so programmieren, dass es sich optimal
fortpflanzt, werden in der nächsten Generation häufiger vertreten sein als
solche, die das nicht so effektiv tun. Letztere verschwinden daher im Laufe der
Generationen, so dass schließlich nur noch solche übrig bleiben, deren einziges
Ziel die optimale Fortpflanzung ist.
Dieser automatische Mechanismus läuft blind und ziellos ab und hat aber doch
das gesamte Pflanzen- und Tierreich programmiert, vom Einzeller bis zum
Menschen, der davon keine Ausnahme macht, auch nicht in seiner Seele: Deren
genetisch vorprogrammierte Eigenschaften wirken sich ebenfalls auf den
Fortpflanzungserfolg aus und unterliegen deshalb dem gleichen
Selektionsmechanismus wie die körperlichen.
Das sollte wirklich allen einleuchten, und dennoch wollen es die wenigsten in
letzter Konsequenz wahrhaben.
Bei der Montage eines Autos oder bei der Abwicklung eines Geschäftsvorganges
würde kaum jemand mythische oder romantische Konzepte zugrundelegen. Man stelle
sich vor: Ein Automechaniker untersucht das Funktionieren der Bremsen nicht
durch eine Bremsprobe, sondern aus dem Kaffeesatz. Eine Bank vergibt ihre
Kredite nicht gegen Sicherheiten, sondern im Vertrauen darauf, dass alle
Menschen im Grund ihres Herzens gut sind.
Absurd? - Was das Verständnis der geistig-seelischen Eigenschaften des Menschen
und insbesondere seines Soziallebens betrifft, ziehen es die meisten
Zeitgenossen jedenfalls vor, mythischen oder romantischen Grundannahmen zu
folgen, statt den harten und gesicherten Fakten der soziobiologischen
Wissenschaft.
Wir haben es hier mit der letzten großen Bastion der Wissenschaftsfeindlichkeit
zu tun, aber eines steht jetzt schon fest: Auch diese Bastion wird fallen!
Der vorliegende Artikel will daher das problematische Verhältnis zwischen den
biologischen Grundvorgaben des menschlichen Soziallebens und seinem
geistig-kulturellen Überbau prinzipiell beleuchten.
2. Die Vorurteile
Religiöse Vorurteile können dann
entstehen, wenn übernatürliche Offenbarungsinhalte oder persönliche mystische
Gefühle, die ja beide nicht rational beweisbar und argumentierbar sind und
daher korrekterweise als "Glaube" statt als "Wissen"
bezeichnet werden, im Widerspruch stehen zu den objektiv nachvollziehbaren,
empirisch gesicherten, experimentell überprüfbaren und logisch abgeleiteten
Aussagen der Naturwissenschaft.
Viele moderne Religionen, einschließlich der katholischen, schließen heute
(nach der causa Galilei) einen solchen Fall kategorisch aus: Gottes Offenbarung
kann nicht im Widerspruch stehen zu den Wahrheiten in seiner eigenen Schöpfung.
Die katholische Theologie und noch mehr die lutherische tut sich besonders
leicht im Umgang mit den anstößigen Aussagen der Soziobiologie: Gemäß der
Erbsündenlehre ging sie immer schon davon aus, dass die menschliche Natur
zerbrochen ist, eine natura fracta,
die zur Sünde und zum Bösen neigt. Erkenntnisse über die genetisch gesteuerten
Abgründe menschlichen Sozialverhaltens wirken daher sogar als Bestätigung
herkömmlicher Positionen.
Indessen sind nicht alle Gläubigen ausgebildete Theologen und vertreten daher
häufig Glaubensinhalte, die tatsächlich mit soziobiologisch gesicherten Fakten
kollidieren. Die wichtigsten dieser religiösen Vorurteile sollen hier genannt
werden:
Sonderstellung des Menschen
Über den Menschen sagt der achte Psalm:
"Nur ein Weniges hast du [Gott] ihn unter die Engel gestellt, mit
Herrlichkeit und Ehre ihn gekrönt und hast ihn über die Werke deiner Hände
gesetzt."
Wer dies als biologische Sonderstellung des Menschen begreift, sieht sich zwangsläufig
konfrontiert mit den Erkenntnissen der Soziobiologie:
"Wir sind Überlebensmaschinen - Roboter, blind programmiert zur Erhaltung
der selbstsüchtigen Moleküle, die Gene genannt werden." (Richard
Dawkins)
Dies betrifft auch die geistig-seelischen Eigenschaften und die Triebkräfte des
menschlichen Sozialverhaltens: Sie unterliegen einem genauso banalen
Gen-Egoismus wie das Tierreich.
Schöpfungslehre
Fundamentalisten, die auf einem wörtlichen Verständnis des biblischen
Schöpfungsberichtes beharren, wird entgegengehalten, dass sich nicht nur der
Leib des Menschen, sondern auch seine Seele und die Triebkräfte seines
Verhaltens durch natürliche Evolution aus tierischen Formen heraus entwickelt
haben. Aus naturwissenschaftlicher Sicht bleibt den Kreationisten derzeit nur
noch e i n nennenswertes Rückzugsgebiet: Die behauptete
Unsterblichkeit der menschlichen Seele, ihr Weiterleben nach dem Tod, kann sich
nicht durch den Automatismus der natürlichen Evolution entwickelt haben, ist
aber auch durch naturwissenschaftliche Methoden bislang nicht zu widerlegen.
Gottesebenbildlichkeit
"Lasset uns den Menschen machen nach unserem Bild und Gleichnis,"
beschließen die göttlichen Personen im ersten Kapitel der Genesis.
Ein primitiv egoistisches Wesen, dem die eingangs erwähnten Abscheulichkeiten
einprogrammiert sind und dessen einzige Daseinsbestimmung die Fortpflanzung
ist: Dies soll das Ebenbild Gottes sein? - Der Darwinismus hat das Numinosum
des Menschen vom Sockel gestürzt.
Intelligenz
Gewiss hat Homo sapiens einen höheren
Intelligenzquotienten als alle anderen Tiere, aber erstens ist der Unterschied
nur quantitativ, und zweitens wissen wir seit dem 11. 5. 1997
(Schachweltmeister Gary Kasparov gegen Deep Blue), dass es auf unserem Planeten
Wesen gibt, die uns in Punkto Intelligenz eindeutig überlegen sind und daher
noch viel mehr zum übernatürlichen Leben bestimmt sein müssten, was lächerlich
wäre.
Im übrigen: Wer den Intelligenzquotienten zum Maßstab für die überirdische
Bestimmung macht, widerspricht dem Herrenwort "Selig die Armen im Geiste
..."
Es gibt allerdings eine menschliche Intelligenzleistung, die bisher unerreicht
ist: die Fähigkeit zur Selbstreflexion.
Teleologie
Viele religiöse Konzepte glauben aus den Vorgängen in der Natur und insbesondere
der menschlichen Natur eine Bestimmung zu höheren Sphären und eine
übernatürliche Entwicklungstendenz herauslesen zu können. Tatsächlich ist
unumstritten, dass die geistig-seelische Sphäre auf dem Planeten Erde einen
zunehmend größeren Raum einnimmt. Doch kann der Darwinismus darin keine
transzendenten Wirkprinzipien erkennen. Er sieht lediglich den blinden,
ziellosen und banalen Automatismus der Evolution der Gene und der Meme (siehe
dazu Kapitel 4) am Werk:
"Gene besitzen keine Voraussicht; sie planen nicht. Gene existieren ganz
einfach, und einige existieren häufiger als andere - das ist alles." (Richard
Dawkins)
Die Evolution geht - ziemlich langsam - nirgendwo hin.
Willensfreiheit
Unter den christlichen Glaubensgemeinschaften gibt es solche, die einer
deterministischen Prädestinationslehre anhängen, und andere, die die Freiheit
des menschlichen Willens als Wesensmerkmal seiner transzendentalen Geistseele
betrachten. Letztere müssen dabei zwangsläufig in Konflikt geraten mit den deterministischen
Erklärungsmodellen für tierisches Sozial- und Moralverhalten, die nahtlos in
die Humansoziobiologie, die Humanethik und damit auch in die herkömmlichen
Sozialwissenschaften eindringen.
In der Natur gibt es keine Vorgänge außerhalb von deterministischen
Kausalketten, wenngleich manche Abläufe "zufällig" scheinen, weil der
zugrundeliegende Kausalmechanismus entweder unerforscht ist (z.B. radioaktiver
Zerfall) oder so komplex und multifaktoriell, dass er sich jeder Kausalanalyse
entzieht (womit sich die Chaostheorie beschäftigt).
Gottes Gebot
Um die Schöpfungslehre mit den Befunden der Biologie zu harmonisieren, muss man
die Evolution als kreative Methode Gottes betrachten. Dabei gibt es einen
Haken: Die eingangs erwähnten Scheußlichkeiten der menschlichen Seele und ihres
Sozialverhaltens haben sich durch die Evolution und somit also durch den
göttlichen Schöpfungsakt entwickelt. Wie kann denn dann der Schöpfer durch
seine Zehn Gebote das Gegenteil dessen verlangen, was er selbst dem Menschen in
seinem Schöpfungsakt einprogrammiert hat? Wolfgang Wickler hat es auf den Punkt
gebracht:
"Wir könnten unser Großhirn dem Nutzen verdanken, der aus dem Übertreten
der Zehn Gebote erwächst."
Will die Theologie mit den Aussagen der Naturwissenschaft konsistent bleiben,
dann muss sie die Erbsünde und das Wirken des Bösen in den evolutionären
Schöpfungsakt integrieren.
Naturrechtslehre
Die christliche Sittenlehre wird indes nicht nur durch Gottes übernatürliche
Autorität begründet, sondern von manchen Theologen auch ganz profan aus der
Naturrechtslehre abgeleitet. Diese behauptet, man könne die gesellschaftlich
erwünschte Moral aus der Natur des Menschen schlussfolgern. Dabei muss sie
zwangsläufig an den soziobiologischen Fakten scheitern: Der Mensch ist, was
sein Verhalten zu den Mitmenschen betrifft, von Natur aus eines der
aggressivsten und bösartigsten Säugetiere und in dieser Hinsicht nur noch dem
Schimpansen vergleichbar, der nicht zufällig sein nächster Verwandter ist.
Wenn wir nun die theologische Diskussion verlassen, müssen wir aber
feststellen, dass die irrige Naturrechtslehre in ihren verschiedenen
Ausprägungen auch dem Großteil der übrigen zeitgenössischen Geistesströmungen
fundamental zugrundeliegt. Die Naturromantik des Rousseau'schen Konzeptes vom
"Edlen Wilden" ist in der einen oder anderen Ausformung letztlich
immer noch prägend für fast alle einflussreichen Ideologien der Gegenwart. Sie
unterstellt dem Menschen irrtümlicherweise, er sei von seiner Biologie her gut,
also von Natur aus gut, und will diese vermeintliche Gutartigkeit sodann zur
sittlichen Norm erheben. Dieser normative Biologismus, der in Wahrheit auf Luft
gebaut ist, kann als gemeinsamer Nenner aller Gegner der Soziobiologie gelten,
seien sie nun links oder rechts, religiös oder humanitär.
Zu den integralen Elementen des Marxismus
gehört das Grundschema des historischen Materialismus:
Urkommunismus > Sklaverei > Feudalismus > Kapitalismus >
Sozialismus > Kommunismus
Der Urkommunismus der Steinzeitgesellschaft ist heute eindeutig widerlegt. Die
heutigen Naturvölker erweisen sich ebenso wie unsere nächsten Verwandten, die
Schimpansen, als blutrünstige, chauvinistische Kriegerhorden. Es spricht alles
dafür, dass das, was entwicklungsgeschichtlich dazwischen lag, nämlich die Altsteinzeit,
nicht anders war.
Das Endziel, der Kommunismus, soll eine egalitäre, solidarische
Gesellschaftsordnung sein, gekennzeichnet durch die Nivellierung von Macht und
Reichtum, das Absterben des Staatsapparates, freiwillige Arbeit und
harmonischen Interessenausgleich der Menschen aller Geschlechter und Rassen
nach der Maxime von Karl Marx: "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach
seinem Bedürfnis."
Die Soziobiologie sagt jedoch mit absoluter Gewissheit: Die egoistischen
Triebkräfte der Individuen, insbesondere die sexuelle Konkurrenz unter den
Männern und ihr dadurch ausgelöstes Dominanzstreben, sind so tief und so massiv
in ihrer Verhaltensstruktur angelegt, dass die hier skizzierte, klassisch
marxistische Zielgesellschaft nicht die geringste Chance hat und daher in den
Bereich der Utopie zu verweisen ist.
Unter den rechtslastigen Ideologien wird der Nationalismus häufig mit dem Darwinismus in Verbindung gebracht,
was jedoch nur teilweise berechtigt ist, denn er appelliert an den freiwilligen
Altruismus zugunsten der Gemeinschaft. Die Soziobiologie erklärt jedoch, dass
freiwillige Leistungen an die Nation, die nicht individuell entlohnt werden,
den Fortpflanzungserfolg des Altruisten schmälern, sodass ein solches genetisch
programmiertes Verhalten von der Evolution konsequent wegselektiert wird
zugunsten von skrupellosen Egoisten, die freiwillig nichts für die Gemeinschaft
leisten, an deren Erfolgen und Annehmlichkeiten aber voll teilhaben.
Gruppenselektion auf der Basis freiwilliger Selbstlosigkeit ist eben in
menschlichen und tierischen Gesellschaften sehr unwahrscheinlich, wie der
Neodarwinismus nicht müde wird zu betonen.
Schließlich ist hier zuletzt noch der moderne
Humanismus zu betrachten, dessen Konzepte der Menschenwürde und der
Menschenrechte gleichfalls vom naturromantischen Bild des edlen Menschen
ausgehen, der angeblich von Natur aus gut ist. Dagegen sagen die Darwinisten,
dass
" ... 'Natur, Zähne und Klauen blutigrot' unser modernes Verständnis der
natürlichen Auslese vortrefflich zusammenfasst."
" ... wir und alle anderen Tiere Maschinen sind, die durch Gene geschaffen
wurden." (Richard Dawkins)
Mit der Sonderstellung des Menschen fällt auch die Menschenwürde, die ihn aus
dem Tierreich herausheben wollte, und seiner brutal egoistischen Natur wird das
Mäntelchen des Guten und Edlen weggerissen, mit dem er sich so gerne nach außen
darstellt. Was übrigbleibt, ist tierisch-primitiver Fortpflanzungs-Egoismus
einer besonders bösartigen, aber scheinheilig-raffinierten Sorte.
Und noch etwas. Wenn der Mensch nichts anderes ist als ein schlimmes Tier mit
einer komplizierten Sozialordnung und der dafür nötigen Raffinesse, und man
dennoch an der Menschenwürde und den Menschenrechten festhalten möchte, dann
muss man diese konsequenterweise auch jedem anderen Tier zugestehen. Der
Regenwurm, der bei lebendigem Leib auf einem Angelhaken aufgespießt wird, der
Fisch, der an diesem Haken im Schlund an einer Leine hochgezogen, nach langem
Leiden totgeschlagen und dann gebraten wird: Sie alle sind nicht weniger edel
und nicht weniger würdevoll als Homo
sapiens.
Den neodarwinistisch bedrängten Parteigängern der Menschenwürde und der
Menschenrechte bleibt als letzte Verteidigungslinie nur noch das nicht mehr
unterbietbar primitive "Mia san mia!", wohl wissend, dass auch der
Regenwurm sich selbst und seine Art als Mittelpunkt des Universums begreift.
tabula rasa
Das Konzept der tabula rasa (=
"unbeschriebenes Blatt") liegt den modernen Sozialwissenschaften
meistens mehr oder minder ausdrücklich zugrunde. Demnach sind Geist und Seele
des Neugeborenen leere Strukturen, die dann von der öko-sozialen Umwelt im
Laufe des Lebens mit Inhalt gefüllt werden.
Dabei weiß man jedoch aus der Zwillingsforschung mit absoluter Sicherheit, dass
die geistig-seelischen Eigenschaften des Menschen in erheblichem Ausmaß erblich
bedingt sind. So steht zum Beispiel mit jeder wünschenswerten Eindeutigkeit
fest, dass Unterschiede im Intelligenzquotienten zu über 50 % ererbt sind.
Aber auch eine einfache Überlegung hilft hier sogleich weiter: Der Säugling und
der Papagei sind in der gleichen Wohnung mit Erwachsenen zusammen. Durch
Beobachtung und Nachahmung lernt das Kind perfekt sprechen. Der Papagei wird
nicht mehr als einige Wörter oder Satzfetzen reproduzieren, mit etwas Glück zum
richtigen Objekt passend. Wenn aber das Sprachzentrum des Neugeborenen leer
war, kann das des Papageis nicht noch leerer gewesen sein. Woher dann die
unterschiedliche Entwicklung?
Fazit: Das Gehirn des Neugeborenen ist bereits erheblich vorgeprägt, und im
Lauf der Individualentwicklung werden (z.B durch die Hormonschübe der Pubertät
oder des Klimakteriums, aber natürlich auch durch Schlüsselreize) weitere
vorgeprägte Verhaltenstendenzen aktiviert. Darunter auch die eingangs erwähnten
Abgründe des menschlichen Sozialverhaltens.
Wie könnte es auch anders sein: Weder die Sanftmut des Lammes noch die
Aggressivität des Wolfes sind durch Umwelteinflüsse erworben. Und nichts
spricht dafür, dass es bei Homo sapiens
anders ist, außer dem Vorurteil der modernen Sozialwissenschaften, wonach nicht
sein kann, was nicht sein darf.
Zersetzung der Moral
Praktisch alle gesellschaftlich relevanten Wertordnungen haben eine hohe
Wertschätzung für echte, selbstlose Moral, die nicht nur dem banalen Diktat von
Zuckerbrot und Peitsche gehorcht.
Hier muss zunächst einmal geklärt werden, was echte Moral n i c h t
ist:
- Zusammenarbeit zum eigenen unmittelbaren Vorteil, auch wenn sich dabei
zufällig Vorteile für andere ergeben. Beispiel: Wachsamkeit gegen
terroristische Gefahren.
- "Selbstlose" Handlungen zugunsten naher Verwandter, die einen
großen Teil der eigenen Gene besitzen. Beispiel: Unterstützung von
Geschwistern.
- "Selbstlose" Handlungen zugunsten Fremder, für die später
irgendwelche Gegenleistungen oder Vorteile erwartet werden. Beispiel:
Wohltätigkeit, wenn alle zuschauen.
- Sittlich gute Handlungen aus Angst vor irdischer Strafe. Beispiel:
Steuern zahlen.
- Sittlich gute Handlungen vor dem Hintergrund vermeintlicher
überirdischer Strafe oder Belohnung. Beispiel: Fundsachen abliefern, weil der
Herrgott zuschaut.
- Sittenreinheit aus Mangel an Gelegenheit. Beispiel: eheliche Treue
eines unattraktiven Mannes.
- Sittenreinheit aus Bequemlichkeit. Beispiel: Wahrhaftigkeit.
Echte Moral liegt hingegen vor, wenn alle diese Beweggründe wegfallen und
wirklich selbstlos aus Liebe zu anderen, nicht blutsverwandten Personen oder
Kollektiven gehandelt wird. Beispiel: Wohltätigkeit, wenn niemand zuschaut.
Diese echte Moral wird in praktisch allen Gesellschaftsordnungen idealisiert
und als hoher menschlicher Wert propagiert. Die Soziobiologie sagt jedoch, ein
solches Verhalten sei wider die Natur und wider die natürliche Bestimmung des
Menschen, der wie alle Lebewesen einzig und allein für die optimale
Fortpflanzung seiner eigenen Gene konstruiert sei, was ja durch echte,
selbstlose Moral sabotiert wird. Aus biologischer Sicht ist eine solche echte
Moral daher eigentlich eine Verhaltensstörung oder, noch konsequenter gedacht,
eine Geisteskrankheit. Seine natürliche Aufgabe erfüllt deshalb derjenige am
besten, der von der echten Moral sagt:
"Moral sollen die anderen üben und mir unterstellen." (Remigius
Geiser)
3. Die Missverständnisse
Nach den weit verbreiteten Vorurteilen, die der Soziobiologie entgegenschlagen,
sollen nun noch einige Missverständnisse genannt werden, die eigentlich
vermeidbar sind und die Auseinandersetzung mit ihr nur unnötig erschweren.
Scheinbare bzw. subjektive Selbstlosigkeit
Wir haben soeben, im Kapitel über die Zersetzung der Moral, herausgeschält, was
alles in Wahrheit n i c h t selbstloses sittliches Handeln ist. Dennoch
werden aber alle diese Formen des Pseudo-Altruismus sehr häufig sowohl von den
Akteuren selbst als auch von den Umstehenden als selbstlos, edel, großmütig,
mitmenschlich, warmherzig und liebevoll empfunden, obwohl sie in letzter
Konsequenz eigentlich nur dem schnöden Egoismus der fortpflanzungssüchtigen
Gene dienen. Und sie werden natürlich auch massiv zur Argumentation gegen die
Soziobiologie eingesetzt: Schaut her, die Menschen sind doch in Wirklichkeit
gar nicht so eigensüchtig, wie ihr Biologen aus eurer grauen Theorie heraus
immer postuliert!
Hier muss ein massives Missverständnis ausgeräumt werden. Die Soziobiologie
bestreitet keineswegs, dass ein großer Teil der zwischenmenschlichen
Interaktionen auf freundschaftlicher und wohlwollender Basis stattfindet und im
Verlauf der Evolution mit liebevollen Emotionen ausgestattet wurde, die dazu
förderlich sind. Die Soziobiologie behauptet jedoch, dass der allergrößte Teil
dieser scheinbar selbstlosen Taten bei genauerem Hinsehen letztlich doch dem
egoistischen Vorteil dient, auch wenn es nach oberflächlicher Betrachtung
zunächst nicht so scheint.
Dennoch gibt es aber, wie wir im letzten Kapitel gesehen haben, auch echte
Selbstlosigkeit. Für sie hat die Soziobiologie ebenfalls eine klare und
eindeutige Erklärung:
Fehlanpassung
Der Atheist, der ein gefundenes Geldbörserl mit EUR 3.000,-- beim Fundamt
abliefert; der gottlose junge Mann, der anonym sein Blut oder sogar sein
Knochenmark spendet und niemandem davon erzählt, statt seine Vitalität dem
schönen Geschlecht zuzuwenden (und damit seinen Fortpflanzungserfolg zu
steigern); der alleinstehende ältere Humanist, der sein Vermögen von EUR 2
Millionen einer karitativen Organisation vermacht, statt sich aus dem Katalog
eine junge Philippinin zu kaufen und noch ein paar Kinder zu zeugen; die
Kommunistin, die in einem lateinamerikanischen Folterkeller für die Sache des
Proletariats langsam und qualvoll stirbt und dabei drei unversorgte Waisenkinder
zurücklässt: Sie alle handeln wirklich selbstlos, echt altruistisch.
Und was sagt die biologische Wissenschaft dazu? Wir kennen die Antwort bereits:
Verhaltensstörung, Geisteskrankheit infolge von Fehlanpassung.
In den langen evolutionären Zeiträumen, in denen unser Sozialverhalten durch
Mutation und Selektion herausgebildet wurde, also in der Steinzeit und in der
vorindustriellen Agrargesellschaft, lebten wir Menschen in überschaubaren
sozialen Einheiten, meist in Dörfern mit hundert oder zweihundert Einwohnern.
Jeder kannte jeden, alle guten Taten wurden von den anderen registriert und
bilanziert, und je mehr davon wir begingen, umso mehr wuchs unser Ansehen und
die Bereitschaft unserer Mitmenschen, uns gegenüber ebenfalls lieb und nett und
hilfsbereit und respektvoll zu sein. "Selbstlosigkeit" zahlte sich
also aus, unser Egoismus kam auf seine Kosten.
Von dort wurden wir vor wenigen Generationen in die moderne anonyme
Industriegesellschaft hineingeworfen. Unsere Gene, die uns für gute Taten programmieren,
existieren jetzt zum erheblichen Teil noch, aber sie kriegen nichts mehr dafür.
Sie sind nicht für das moderne Leben geschaffen, deplaziert, fehlangepasst. Sie
behindern unsere Fortpflanzung. Sie sind deshalb zum Aussterben verurteilt und
werden schon laufend wegselektiert, während sich die kalten Egoisten
durchsetzen und vermehren.
Wahre Selbstlosigkeit ist also keine Widerlegung des darwinistischen Egoismus,
sondern eine todgeweihte Fehlanpassung, was im Verlauf der Evolution immer
wieder vorkommt, wenn sich die öko-sozialen Umweltbedingungen ändern.
Bildhafte Ausdrucksweise
Auch so ein häufiges Missverständnis: Die Soziobiologen bedienen sich einer
bildhaften Ausdrucksweise, und die Laien nehmen das wörtlich. Wenn z.B. der
Soziobiologe sagt: "Gene handeln zu 100 % egoistisch und haben nur einen
einzigen Wunsch, nämlich sich bestmöglich fortzupflanzen", dann ist der
Außenstehende geneigt, anzunehmen, die Wissenschaft würde den Genen Gefühle,
Sehnsüchte, oder gar bewusstes Handeln zusprechen. Tatsächlich aber ist das
Gegenteil der Fall. Gene sind Nukleotid-Sequenzen, also chemische Gebilde, die
blind und ziellos und rein automatisch physikalischen Kräften unterliegen,
ähnlich wie die Wassermoleküle, wenn sie an der Fensterscheibe Eisblumen bilden.
Die Soziobiologen bedienen sich dieser bildhaften Ausdrucksweise lediglich aus
Bequemlichkeit. Es ist eben einfacher, zu sagen "Gene handeln zu 100 %
egoistisch" statt, was korrekter wäre, "Gene verhalten sich so, als
würden sie zu 100 % egoistisch handeln." Man tut daher als Laie gut daran,
sich gegebenenfalls immer das "... als ob ..." dazuzudenken.
Das gilt nicht nur für Gene, sondern häufig auch für Mensch und Tier. "Der
Mensch hat nur ein einziges Ziel, nämlich die optimale Fortpflanzung seiner eigenen
Gene" soll nicht heissen, dass er dieses Ziel immer bewusst verfolgt,
sondern nur, dass er sich de facto so
verhält, als hätte er nur dieses einzige Ziel.
Übrigens machen wir es im Alltagsleben nicht anders. Jeder sagt "Das
Wetter will nicht schöner werden." Korrekt wäre: "Das Wettergeschehen
verhält sich so, als hätte es den Willen, nicht schöner zu werden."
Proximate Wirkerklärungen und ultimate
Zweckerklärungen
Frägt man einen gewöhnlichen Zeitgenossen, warum er mit seinen Freunden kegeln
geht, dann wird man die Antwort erhalten: "Weil es Spaß macht." Der
Soziobiologe wird jedoch sagen: "Weil er dadurch seinen
Fortpflanzungserfolg steigert." - Wer hat recht?
Der Soziobiologe führt folgende Überlegung durch: Die Freude am Spiel mit
Freunden wurde im Zuge der Evolution entwickelt, um den Menschen zum geselligen
Spielen zu veranlassen, denn dieses pflegt die Freundschaft und trägt zum
Informationsaustausch bei. Beides (Freunde und Informationen) ist dem
gesellschaftlichen Rang eines Menschen förderlich. Ranghohe Menschen erzielen
aber (z.B. durch bessere Ausbildung ihrer Kinder und effektive Protektion bei
deren beruflicher Laufbahn) im Durchschnitt einen höheren Fortpflanzungserfolg.
Quod erat demonstrandum.
Tatsächlich haben beide recht und widersprechen sich nicht, sondern sie greifen
nur nach unterschiedlichen Erklärungsebenen in der Kausalkette. Der gewöhnliche
Zeitgenosse hat lediglich eine proximate Wirkerklärung gegeben, während der
Soziobiologe die ultimate Ursachenerklärung herausarbeitete. Hält man sich
diesen Unterschied vor Augen, dann sind derartige Missverständnisse leicht zu
vermeiden.
Fakt und Empfehlung
Vielleicht das häufigste Missverständnis, mit dem Soziobiologen zu kämpfen
haben.
Eingangs wurde beispielsweise behauptet: "Vergewaltigung von Frauen ist
ein natürlicher Vorgang." Man kann es dem Laien nicht verdenken, wenn er
dies zumindest als Verharmlosung der Notzucht missversteht. Tatsächlich aber
will der Soziobiologe damit nur sagen, dass die Vergewaltigung bei Mensch und Tier
auf natürliche Weise, im Verlauf der Evolution entstanden ist und dem
natürlichen Fortpflanzungs-Egoismus der Gene dient. Keineswegs will er für ein
solches Verhalten irgendeine Empfehlung abgeben, sondern lediglich die Fakten
beschreiben.
Um es noch deutlicher zu sagen: Der Autor dieser Zeilen ist verheiratet, hat
eine Tochter und auch eine Enkeltochter. Selbstverständlich will er nicht, dass
eine dieser drei weiblichen Personen vergewaltigt wird, und auch sonst wünscht
er es keiner Frau. Er befürwortet die bestehende Gesetzgebung gegen
Notzuchtverbrechen (und würde sogar eine Verschärfung derselben begrüßen). Er
hat sich selbst nie an einer Vergewaltigung beteiligt und hat dies auch nicht
vor. Er muss jedoch als biologischer Wissenschafter die Tatsache zur Kenntnis
nehmen und darlegen, dass Vergewaltigung im Verhaltensrepertoire des männlichen
Homo sapiens generell angelegt ist
und in entsprechenden Situationen (wie jüngst im Bosnien-Krieg) von der
Mehrheit der männlichen Personen durchgeführt wird.
Die Aussage "Vergewaltigung von Frauen ist ein natürlicher Vorgang"
will also völlig wertfrei lediglich eine biologische Tatsache aussagen ohne im
mindesten irgend eine Empfehlung, Verteidigung oder auch nur Verharmlosung
dieses Verhaltens zu liefern. Zur Empfehlung oder Verteidigung kann eine solche
Feststellung allerdings dann werden, wenn man von zwei Vorurteilen ausgeht,
nämlich dass erstens die Natur gut ist und dass zweitens alles natürliche zu
befürworten ist. In Wahrheit ist es also das oben geschilderte Vorurteil der
Naturrechtslehre und der Naturromantik, das mit seinem normativen Biologismus
aus der naturwissenschaftlichen Feststellung eine Empfehlung macht.
Zugegeben: Ältere Generationen der Verhaltensforschung (z.B. Konrad Lorenz)
haben tatsächlich versucht, aus dem natürlichen Verhalten eine sittliche Norm
für die menschliche Gesellschaft abzuleiten. Der Neodarwinismus und die
Soziobiologie der letzten dreißig Jahre vermeiden aber strikt und peinlich auch
nur die leiseste Tendenz eines normativen Biologismus.
Gen und Umwelt
Ein ewiger und völlig unnötiger Streit: Die Gegner der Soziobiologie werfen ihr
"Reduktionismus" und "Determinismus" vor und wollen damit
sagen, dass sie alles menschliche Fühlen, Trachten und Handeln auf das strenge
Diktat der Gene zurückführt, die angeblich unser Leben zu 100 % determinieren.
Die Soziobiologen ihrerseits kontern mit dem Vorwurf des
"Konstruktionismus", was heissen soll, dass die modernen
Sozialwissenschaften den Einfluss der Gene negieren und behaupten, alles
menschliche Verhalten werde ausschließlich durch die Umwelt und dabei vor allem
durch das soziale Milieu konstruiert.
Die Wahrheit liegt exakt in der Mitte und das klärende Stichwort heisst
"kondizionale Strategie".
Bei körperlichen Merkmalen liegt die Sache klar: Bei gleicher Bestrahlung ist
der genetisch festgelegte Hauttyp 3 dunkler als 2. Lebt er aber ein halbes Jahr
in einem fensterlosen Keller, während 2 im Freien an der Sonne arbeitet, wird
letzterer dunkler sein. Gleiches gilt für die meisten anderen Körpermerkmale,
aber auch für die geistig-seelischen Eigenschaften, die unser Sozialverhalten
steuern: Die Gene geben nur einen Reaktions-Rahmen vor, im Sinn einer
kondizionalen Strategie, die je nach den Bedingungen der öko-sozialen Umwelt
verschiedene alternative Taktiken bereithält. Die Umwelt entscheidet also
darüber, welche genetisch vorprogrammierten Alternativen konkret verwirklicht
werden:
"Eine Verhaltensstrategie ist eine evolvierte Regelsammlung, die festlegt,
mit welcher Wahrscheinlichkeit welches Verhalten unter welchen Bedingungen
gezeigt wird." (Eckart
Voland)
Die einzelnen Individuen verfügen dabei jedoch über unterschiedliche Sortimente
genetisch vorprogrammierter Alternativen, und hier setzt die Selektion an.
Es ist wie mit den Wirtshäusern: Jedes hat ein bestimmtes Sortiment von Speisen
und Getränken und sonstigen Annehmlichkeiten im Angebot, und das öko-soziale
Umfeld, also die Kundschaft, entscheidet, welche Teile davon tatsächlich
praktiziert werden. Schließlich werden aber die Wirtshäuser mit dem besseren
Sortiment den Konkurrenzkampf gewinnen.
4. Gen und Kultur
"Jene Mauer, die die Sozialwissenschaftler des 20. Jahrhunderts so
eifersüchtig bewachten, teilt die Materie vom Geist, das Materielle vom
Spirtituellen, das Physische vom Geistigen, die Biologie von der Kultur, die
Natur von der Gesellschaft, die Naturwissenschaften von den
Sozialwissenschaften, den Geisteswissenschaften und den Künsten. ... Doch auch
diese Mauer fällt." (Steven
Pinker)
In der Frage "Gen und Kultur" kulminiert die Auseinandersetzung der
Soziobiologie mit ihren Gegnern. Sämtliche einschlägigen Vorurteile und
Missverständnisse werden von diesen aufgeboten, um zu beweisen, dass das
Gesellschaftsleben der Menschen nicht von den selbstsüchtigen Genen dominiert
wird, sondern von der kulturellen Überformung unserer biologischen Natur. Die
Angelegenheit bedarf demnach einer ausführlichen Beleuchtung.
Der Neodarwinismus, also eine Naturwissenschaft, nimmt nämlich für sich
durchaus vollmundig und selbstbewusst in Anspruch, das Phänomen der Kultur zum
ersten mal richtig und grundlegend gedeutet zu haben. Und das geht so:
Zunächst wird der Begriff "Replikator" definiert als etwas, das
kopiert wird, nicht immer ganz exakt kopiert wird, und je nach seiner Qualität
verschieden oft kopiert wird. Sodann wird festgestellt, dass immer, wenn diese
drei Bedingungen erfüllt sind, der betreffende Replikator eine Evolution in
Gang setzt. Schließlich wird noch registriert, dass (in unserem Sonnensystem)
insgesamt zwei Replikator-Typen bekannt sind: Gene und Meme.
Was sind Meme?
Ein Mem ist schlicht und einfach ein Kulturelement. Zum Beispiel ein Begriff in
irgendeiner Sprache, eine neue Haarmode, ein Rezept für Linsensuppe, ein
Abschnitt aus einer Symphonie von Beethoven, ein philosophischer Gedanke ...
Diese Meme gebärden sich nun wie die Gene: Sie werden kopiert (durch
Nachahmung, mündlich, schriftlich, auf Tonbändern, Schallplatten, Computer-CDs,
durch Rundfunk, Fernsehen und Internet), sie werden gelegentlich verändert, und
sie werden je nach ihrer Qualität verschieden oft kopiert. Letzteres hat zur
Folge, dass sich die besseren durchsetzen und die minderwertigen aussterben.
Das Resultat ist die kulturelle Entwicklung auf unserem Planeten.
Sie machen es noch in anderer Hinsicht den Genen gleich: Während sich die Gene
im Zellkern einer lebenden Zelle zusammenschließen und als Verbündete gemeinsam
ihre Strategie der optimalen Fortpflanzung betreiben, schließen sich die Meme
zu sogenannten Memplexen zusammen, weil sie gemeinsam stärker sind. Klassische
(und sehr erfolgreiche) Memplexe sind zum Beispiel Religionen oder andere
ideologische Systeme.
Doch kehren wir zu unserer Frage zurück: Bestimmen nun die Gene oder die Meme
unser Sozialverhalten?
Die Frage ist nicht so einfach zu klären. Insbesondere deshalb nicht, weil Gene
und Meme häufig zusammenarbeiten. Doch erst einmal der Reihe nach.
Koevolution
Wie reagieren Gene, wenn sie (im Lauf der Evolution) mit anderen Genen zu tun
haben? - Nun, mit Ausnahme derer, die an der selben Stelle in den Zellkernen
sitzen und ihnen den Platz streitig machen, reagieren sie auf alle anderen Gene
so, als wären sie ein Teil ihrer Umwelt (und sie sind es auch tatsächlich). Sie
"behandeln" sie also je nachdem wie Gefährten, Verbündete, Nahrungsmittel,
Beuteobjekte, Räuber, Parasiten oder - und das ist der weitaus häufigste Fall -
einfach als Bedeutungslose.
Wie reagieren aber jetzt Gene, wenn sie (im Lauf der Evolution) mit Memen zu
tun haben? Die Antwort ist klar: Sie reagieren genauso und
"behandeln" auch die Meme je nachdem wie Gefährten, Verbündete,
Nahrungsmittel, Beuteobjekte, Räuber, Parasiten oder - und das ist wiederum der
weitaus häufigste Fall - einfach als Bedeutungslose.
Man könnte die Frage genausogut umgekehrt stellen: Wie reagieren Meme, wenn sie
mit Genen zu tun haben? Die Antwort wäre die gleiche.
Aus der biologischen Evolution kennen wir das Phänomen der
"Koevolution": Verschiedene, nicht näher verwandte Arten von
Lebewesen passen sich im Lauf der Generationen immer perfekter aneinander an,
zum Beispiel in einem Räuber-Beute-Verhältnis, das immer raffinierter wird,
oder in einer Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen, die immer perfekter
wird. Eine solche Koevolution hat nun auch zwischen den Genen und den Memen
stattgefunden.
Die Evolution der menschlichen Kultur hat zwar schon vor Millionen von Jahren
begonnen, ist aber lange Zeit auf vergleichsweise niedrigem Niveau geblieben.
Erst als der Mensch die Sprache entwickelte, was wahrscheinlich vor 50 000 oder
100 000 Jahren geschah, hat sich das Entwicklungstempo der Kultur kolossal
beschleunigt. In diesem Zeitraum lebten 2000 oder 4000 Generationen von
Menschen. Ihre Gene hatten reichlich Gelegenheit, sich per Selektion an die
Meme anzupassen, und vice versa.
Das Resultat: Eine menschliche Mem-Kultur, die weitgehend dem Egoismus der Gene
dient, und eine genetische Natur, die weitgehend dem Egoismus der Meme dient.
Kultureller Erfolg
Eine Korrelation von kulturellem und reproduktivem Erfolg ist empirisch
nachweisbar. Wer die Meme häufiger und effektiver für seine Zwecke einzusetzen
versteht, wird sich und seine Gene besser fortpflanzen. Man kann das auch an
der Bewertung ablesen, die den Körperkräften im Gegensatz zu den geistigen
Fähigkeiten früher (in der vorindustriellen Agrargesellschaft) und heute (in
der Industriegesellschaft) zugeteilt wird. Während früher Arbeit und Kampf (=
Auseinandersetzung) hauptsächlich mit körperlichen Mitteln bewältigt wurden,
werden heute überwiegend Intelligenz und Bildung für diese Zwecke eingesetzt.
Im Kampf ums Dasein, im Kampf ums Überleben der eigenen Gene, bedient sich der
Mensch in zunehmend höherem Ausmaß der Meme, also der Kultur. Sie ist zum
wichtigsten Instrument der Gene geworden bei der Verfolgung ihrer
Fortpflanzungsinteressen. Und tatsächlich lässt sich leicht erkennen, dass fast
alle Meme (einschließlich Heroin und H-Bombe) irgendjemandem einen Vorteil
bringen und somit in die Lebensstrategie der Gene eingebunden sind.
Unabhängigkeit
Könnten die Meme ohne die genetische Natur des Menschen leben? - Vielleicht in
einigen Jahrzehnten, aber heute sicher noch nicht. Wenn es plötzlich keine
Menschen mehr gäbe, würden die Meme, in Büchern und auf CDs gespeichert,
großteils verrotten und zerfallen. Ein kleinerer Teil der Kulturgüter könnte
zwar unter günstigen Bedingungen, z.B. im Wüstensand, längere Zeit konserviert
bleiben, aber "leben" (= sich vermehren und verändern) könnten sie
nicht.
Und wie sieht es umgekehrt aus: Könnten die Gene des Menschen ohne die Meme,
ohne die Kultur weiterleben? - Wenn plötzlich alle Meme, alle Kulturgüter von
der Erde und aus den Hirnen der Menschen verschwänden, würde die
Bevölkerungszahl zwar drastisch reduziert (mangels Nahrung und medizinischer
Versorgung), und wir müssten wieder da anfangen, wo wir vor 50 000 Jahren
standen. Aber einige von uns würden sicher weiterleben, sich fortpflanzen und
verändern.
Fazit: Die Abhängigkeit ist ein bisschen einseitig. Gene und Meme sind zwar
voneinander abhängig, doch die Meme könnten ohne die Gene nicht leben, die Gene
ohne die Meme aber durchaus. Die Meme sind also mehr von den Genen abhängig als
umgekehrt.
Der Karfiol
Der Karfiol war einst eine freie, unabhängige und anmutige Blume an den
Felsenküsten Europas. Was aber hat der Mensch daraus gemacht? - Eine monströse,
lächerliche Kreatur, die zu 100 % vom Menschen abhängig ist und deren einziger
Daseinszweck darin besteht, ihm als Gemüsebeilage zu dienen.
So kann's gehen, wenn Gene (die des Karfiols) zu 100 % von anderen Genen (denen
des Menschen) abhängig werden.
Wie schaut's aber nun aus mit dem Grundgesetz des Lebens, mit dem
Fortpflanzungsegoismus der Gene (des Karfiols): Ist dieser Egoismus jetzt
aufgehoben, nachdem der Karfiol zum Sklaven des Menschen wurde? - Keineswegs!
Die Urpflanze steht immer noch als freie Blume an den Küsten Europas, aber es
ist ihr gelungen, einem großen Teil ihrer Gene zusätzliche neue und völlig
ungeahnte Möglichkeiten zu eröffnen. Unter menschlicher Obhut werden ihnen
immense Kulturflächen zur Verfügung gestellt, konkurrierende Pflanzen
(Unkräuter) vernichtet, Feinde und Parasiten bekämpft, der Boden und alle
anderen Umweltbedingungen auf optimales Wachstum eingestellt ... was kann den
Genen eigentlich noch schöneres passieren? Für die Gene des Karfiols sind
paradiesische Zeiten ausgebrochen, ja, sie gehören inzwischen zu den
erfolgreichsten Genen auf dieser Erde. Millionen von Tier- und Pflanzenarten,
die am Aussterben sind, können den Karfiol eigentlich nur schamlos beneiden.
Durch die Anpassung an das Sklavendasein ist er mit seinen Genen zu einem der
erfolgreichsten Lebewesen dieses Planeten geworden.
Es gibt Science-Fiction-Filme, in denen sich die Meme, meist in den Computern,
selbständig machen, die Herrschaft des Menschen abschütteln, und ihrerseits nun
die Menschen (und deren Gene) zu Hilfssklaven ihrer Weltherrschaft machen.
Angesichts des rasanten Tempos der digitalen Revolution in den letzten
Jahrzehnten sind solche Szenarien gar nicht unwahrscheinlich. Wie wir in diesem
Kapitel gesehen haben, sind die Meme bis jetzt immer noch eher von den Genen
abhängig als umgekehrt, sind immer noch vorwiegend Instrumente der menschlichen
Gene, statt frei agierende Wesen. Die Kultur dient immer noch dem Menschen und
seinen gen-egoistischen Interessen. Aber es könnte künftig auch umgekehrt
kommen. Für diesen Fall lehrt uns das Beispiel des Karfiols, dass der Egoismus
unserer Gene dadurch nicht geringer würde. Mit anderen Worten: Die kulturelle
Überformung der menschlichen Natur kann beliebig intensiv sein: Am Prinzip
unseres Eigennutzes und der dazu dienlichen Verhaltensweisen wird das nichts
ändern.
Aber wollen wir überhaupt eine so starke kulturelle Überformung unserer
biologischen Natur, wollen wir, dass die Kultur über unsere Gene dominiert,
wollen wir wirklich der Karfiol für die Kultur-Meme werden, die zunehmend
unseren Planeten beherrschen?
Oder fühlen wir uns vielleicht doch wohler bei der "guten alten Mutter
Natur", auch wenn diese nicht immer nur die Schokoladenseite für uns
bereithält?
5. Entwicklungstendenzen
der modernen Gesellschaft
Dieser Essay kann kein systematisches Lehrbuch der Soziobiologie ersetzen.
Genausowenig will er eine konkrete Anleitung zum gesellschaftspolitischen
Handeln sein. Es ist jedoch längst überfällig und dringend nötig, diverse
Entwicklungstendenzen der modernen Gesellschaft endlich einmal soziobiologisch
zu beleuchten, um zu einem grundlegenden Verständnis dessen zu gelangen, was
sich da zusammenbraut.
Marxismus-Leninismus und Turbo-Kapitalismus
Die Gesellschaftsordnung der Schimpansen (unserer nächsten Verwandten im
Tierreich) ist charakterisiert durch einen Männerbund, der Ressourcen erobert
und verteidigt, um damit möglichst viele Frauen zu ernähren und infolgedessen
möglichst viele Kinder zu zeugen. In der Steinzeit wird die menschliche
Gesellschaft auch so funktioniert haben, denn bei den Naturvölkern ist dies
heute noch der Fall. Männer verbünden sich also machtpolitisch gegen andere
Männerbünde. Innerhalb der Gruppe entsteht ein solidarisches Wir-Gefühl,
während die Gegner dehumanisiert, verteufelt und weitestmöglich geschädigt bzw.
vernichtet werden.
In der heutigen Massengesellschaft können diese Bünde gigantische Ausmaße
erreichen. Eine klassische Frontstellung der modernen Industriegesellschaft
lautet: Proletariat gegen Bourgeoisie. Der Sozialdarwinismus des 19.
Jahrhunderts hat sich bereits dieses Themas angenommen, allerdings einseitig:
Darwinismus heisst Kampf ums Dasein und Überleben der Tüchtigeren, Stärkeren,
Besseren, Angepassteren, Durchsetzungsfähigeren. Also entspricht es der
natürlichen Ordnung, wenn es den Kapitalisten prächtig geht und das Proletariat
im Dreck dahinvegetiert.
So ist es allerdings weder bei den Schimpansen noch bei den Naturvölkern,
sondern hier haben die Spenceristen den Darwinismus maßlos überzogen.
Tatsächlich gibt es bei Schimpansen und Naturvölkern diese totale Frontstellung
des "in group / out group" - Denkens nur zwischen benachbarten
Territorien, aber nicht innerhalb der Horde, die ein bestimmtes Territorium
gemeinsam bewohnt und verteidigt. Innerhalb einer Horde teilt sich zwar die
Gesellschaft ebenfalls in männerbündige machtpolitische Seilschaften auf, die
sich um dominante Positionen streiten, aber zwischen diesen Seilschaften kommt
es in aller Regel zu einem gesellschaftlichen Interessenausgleich: Wenn sich
die Schwachen zusammentun, können sie auch dem stärksten Machthaber Paroli
bieten. Regelmäßig werden Häuptlinge der Schimpansen ebenso wie der Naturvölker
von einem Plebejeraufstand gestürzt. Klassenkämpferische Solidarität ist also keineswegs
eine Errungenschaft der modernen Industriegesellschaft, in der sie allerdings
ihre ideologisch bewusstesten und organisiertesten Formen annimmt. Dabei kann
das Proletariat der Bourgeoisie entweder mit friedlichen Mitteln Rechte und
Löhne abtrotzen, oder die Bourgeoisie gewaltsam stürzen und vernichten und die
"Diktatur des Proletariats" errichten, wie es im 20. Jahrhundert
mehrfach geschehen ist (Lenin, Stalin, Mao Tsetung, Enver Hoxha etc.).
Damit sind wir wieder einmal beim Marxismus-Leninismus gelandet. Zwar hat das
eindrucksvolle Scheitern aller marxistisch dominierten Systeme in der zweiten
Hälfte des 20. Jahrhunderts dem Kapitalismus neuen Auftrieb gegeben, aber
solange der Unterschied zwischen arm und reich weiterwächst (und eine Umkehr dieser
Tendenz ist zur Zeit nirgendwo erkennbar), wird das Thema des
klassenkämpferischen Marxismus immer wieder auf den Tisch kommen.
Wir haben bereits im 2. Kapitel erwähnt, dass die historisch-materialistischen
Systemkonzepte des Urkommunismus sowie des Endzeitkommunismus völlig unhaltbar
sind. Aber auch das vorletzte Stadium in der historischen Reihe, der
Sozialismus, wird durch die Erkenntnisse der Soziobiologie hart bedrängt.
Mao Tsetung (1893-1976) und Enver Hoxha (1908-1985) haben als sozialistische Staatslenker
energisch versucht, das Entstehen einer neuen privilegierten Oberschicht zu
verhindern. Resultat: null. Sofort nach ihrem Tod verwandelten sich ihre
Gesellschaften in eine sozialfaschistische Diktatur. Der gen-egoistisch
gesteuerte Machthunger der Funktionäre war eindeutig stärker. - Solange es den
marxistisch-leninistischen Theoretikern nicht gelingt, ein überzeugendes
basisorientiertes Konzept der Machtkontrolle vorzulegen, kann der Sozialismus
keine verlockende Alternative mehr bieten.
Indessen ist der Egoismus der Gene nicht nur bei den Funktionären aktiv,
sondern auch an der Basis. Der unbestreitbare Erfolg des kapitalistischen
Systems rührt daher, dass es die tiefste Triebkraft des Menschen (und aller
anderen Lebewesen), eben den Egoismus, zum Prinzip erhoben hat. Diesen
Zusammenhang räumen sogar die Marxisten ein: Der historische Materialismus
stellt fest, dass in der Abfolge Sklaverei-Feudalismus-Kapitalismus die
egoistisch motivierte Gewinnsucht zur Förderung von Eigeninitiative, Engagement,
Risikobereitschaft und Verantwortlichkeit zunehmend stärker in den
Produktionsprozess eingebunden wurde, wodurch immer größere Produktivkräfte
freigesetzt wurden.
In einer strikt egalitären Gesellschaft hingegen, in der automatisch alle die
gleichen Leistungen von der Gesellschaft erhalten (dahin tendiert ja der
Sozialismus), schwindet die individuelle Bereitschaft zur Verrichtung von
gesellschaftlich notwendiger Arbeit, da sie keinen persönlichen Vorteil bringt.
Sozialparasiten nehmen die Leistungen der Gesellschaft wie alle anderen in
Anspruch, drücken sich aber vor der Arbeit und Verantwortung, und verwenden die
dadurch eingesparte Zeit und Energie, um sich stärker der Reproduktion zu
widmen: Mehr sexuelle Affären, mehr Kinder, mehr Zuwendung für die eigenen
Kinder. Die Gene, die ein solches unsolidarisches Verhalten steuern, werden
sich durchsetzen zu Lasten der fleissigen Idioten.
Anders sieht die Sache aus, wenn sich die reziproke Solidargemeinschaft gegen
diese Ausbeutung ihres wechselseitigen Altruismus zur Wehr setzt und die
egoistischen Solidaritätsverletzer entmutigt, bestraft und diszipliniert. Das
Verhaltens-Instrumentarium dazu (der sogenannte "Ostrazismus") wäre
vorhanden, denn ein differenziertes sozio-emotionales Gegenseitigkeitsempfinden
gehört zu unserer evolvierten psychischen Grundausstattung als spezifische
Anpassung an das Schwarzfahrer-Problem. Diese protektiven Mechanismen gegen
erschlichene Einseitigkeit entstanden durch evolutionären Selektionsdruck zu
Gunsten eines möglichst frühzeitigen und sicheren Erkennens von betrügerischen
Regelbrechern. Solche gezielte Gegenstrategien erfordern personalpräzise
kognitive Fähigkeiten und ein soziales Langzeitgedächtnis, das die sozialen
Transaktionen dauerhaft speichert und bilanziert. Genau zu diesem Zweck hat
sich unsere Großhirnrinde entwickelt, weshalb menschliche Intelligenz primär
soziale Intelligenz ist.
Fazit: Fehlender materieller Egoismus wäre kein grundsätzliches Hindernis für
den Aufbau einer egalitären und solidarischen Gesellschaft. Auch die
Naturvölker kennen diesen materiellen Anreiz nicht. Das grundlegende Problem
liegt vielmehr darin, entstehende Machtstrukturen zu verhindern. Männliche
Macht bedeutet sexuellen Erfolg und ist deshalb aufs engste mit dem Egoismus
der Gene gekoppelt. Der Wille zur Macht ist seit zig Millionen Jahren
reproduktiv erfolgreich und deshalb so extrem tief in unserer Triebstruktur
verankert, dass ein freiwilliger Verzicht darauf nicht denkbar ist. Ein
überzeugendes Modell für basiskontrollierte Verhinderung von Machtstrukturen
oder gar ein entsprechender Modellversuch ist aber nirgends in Sicht.
Nationalismus
Die Nation ist im Grunde nichts anderes als die Schimpansen- oder
Steinzeithorde im Gewande der modernen Industriegesellschaft.
Der Nationalismus benutzt das gleiche, tief in unserer Seele verankerte
gruppen-strategische Verhaltensrepertoire, indem er einerseits die
außenpolitischen Gegner durch Ethnozentrismus und Fremdenhass dehumanisiert und
verteufelt (Stichwort: Untermensch), und andererseits über die angeborene
Bereitschaft, Solidaritätsverletzer zu disziplinieren, kollektive Gewalt nach
innen erzeugt, was zu Konformismus, Mitläufertum, Gleichschaltung, Intoleranz,
Totalitarismus und Massenhysterie führt.
In der Schimpansen- und Steinzeitgesellschaft hat sich eine genetisch
programmierte Bereitschaft entwickelt, sich massiv für die Interessen der
Gemeinschaft zu engagieren. Dieses Engagement machte sich egoistisch bezahlt,
denn es wurde von den anderen bilanziert und reichlich entgolten. Außerdem war
man mit den anderen Gruppenmitgliedern relativ nah verwandt, sodass ein solches
Engagement zu erheblichen Teilen wieder den eigenen Genen zugute kam, die in
den Verwandten drinsteckten.
In der modernen anonymen Massengesellschaft ist diese Bereitschaft zum
Engagement für die Gemeinschaft immer noch in erheblichem Ausmaß vorhanden,
macht sich aber nicht mehr bezahlt, da die anderen Gruppenmitglieder keine
Verwandten sind und solche Leistungen in der Anonymität nicht mehr bilanzieren
können. Es liegt also jetzt echte Selbstlosigkeit infolge Fehlanpassung vor
(siehe oben Kapitel 3). Sie wird vom Nationalismus konsequent ausgebeutet
("Heldentod für's Vaterland").
Darüber hinaus stehen dem Nationalismus aber auch noch diverse Möglichkeiten
zur Verfügung, um selbstlose Leistungen für die Nation zu e r z w i n g e n. (Natürlich sind solche
Leistungen dann nicht mehr wirklich selbstlos.) Damit wird ein Mechanismus
wirksam, der in der Natur äußerst selten ist, nämlich so etwas ähnliches wie
Gruppenselektion:
Die Nationen, die ihre Staatsbürger zu mehr nationalem Engagement veranlassen,
sind stärker und mächtiger, was sich wiederum für diese voll bezahlt macht.
Denn wenn nationalistische Unternehmungen gelingen, bringen sie den Mitgliedern
des Siegervolkes enorme Vermehrungsvorteile, falls die besiegten Völker getötet
oder vertrieben werden und das so gewonnene Territorium dem
Bevölkerungswachstum des Siegervolkes zur Verfügung steht. Beispiele gibt es zu
Hauf:
- Eroberung und Besiedlung Nordamerikas, Australiens und Sibiriens durch
die Europäer im Kolonialismus
- (Rück-)Eroberung ostdeutscher Siedlungsgebiete durch slawische Völker
1945
- Ausrottung der Tutsi in Ruanda 1994
- ethnische Säuberungen im ehemaligen
Jugoslawien 1991-1995
Kein Volk der Erde kann von sich behaupten, immer schon in seinem heutigen
Territorium gewohnt zu haben. Alle haben es irgendwann erobert und die
Vorbevölkerung mehr oder minder gründlich "beseitigt".
Nüchtern betrachtet sind nationalistische Gesellschaften, ebenso wie die
Schimpansen- und Steinzeithorden, im Prinzip nichts anderes als Räuberbanden,
die ihre Gene auf Kosten fremder zu fördern trachten. Ihre Verhaltensstrategie
entspricht weitgehend unserem natürlichen Programm und wurde durch
Jahrmillionen der Auslese immer wieder mit massiven Vermehrungsvorteilen
belohnt. Das macht den Nationalismus zu einem so erfolgreichen
Gesellschaftsmodell.
Rassismus
Für den Rassismus gilt in jeder Hinsicht das gleiche wie für den Nationalismus.
Er hat diesem sogar noch etwas voraus: Da die Mitglieder der Gemeinschaft einer
einzigen Rasse angehören (und ihre Feinde einer ganz anderen), stehen sie sich
genetisch näher und fördern deshalb ihre eigenen Gene, wenn sie sich für die
Gemeinschaft engagieren.
Zwar sind ihre Gene nur zu weniger als 15 % mit denen eines anderen,
gleichrassigen Gruppenmitgliedes identisch, doch in der Schimpansen- und
Steinzeithorde dürfte die genetische Nähe der Hordenmitglieder untereinander
(infolge Verwandtschaft) auch nicht viel größer gewesen sein und hat dennoch
ausgereicht, um Selbstlosigkeit zugunsten der verwandten Spießgesellen zu
erzeugen.
Somit hat der Rassismus als räuberisches Gesellschaftsmodell von Natur aus noch
bessere Karten als der Nationalismus.
Religiöser Fundamentalismus
Die menschliche Psyche ist generell auf Diskriminierung angelegt und sucht
daher Feindbilder und insider / outsider - Zuordnungen in allen Sektoren der
Gesellschaft. Ist eine Identifizierung mit Klasse, Rasse oder Nation nicht
verlockend, dann schließt man sich eben einer religiösen oder weltanschaulichen
Kampfgemeinschaft an, um Verbündete zu finden für das Unternehmen
"Ausbreitung der eigenen Gene auf Kosten fremder".
Was über den Nationalismus gesagt wurde, gilt weitgehend auch für den
religiösen Fundamentalismus: Abwertung der Außenstehenden, Disziplinierung nach
innen, Ausbeutung der Selbstlosigkeit, erzwungene Selbstlosigkeit,
"Gruppenselektion". Das übernatürliche Instrumentarium ist für diese
Strategien sehr hilfreich.
Sehr häufig tritt religiöser Fanatismus in Verbindung mit Nationalismus oder
Rassismus auf und verstärkt mit seinem übernatürlichen Instrumentarium die
gleichgerichteten nationalistischen oder rassistischen Ziele: Der historische
Siegeszug des Islam in Nordafrika und im Vorderen Orient war gleichzeitig ein
Siegeszug der arabischen Nation. Der Erhalt der jüdischen Nationalität über
Jahrtausende hinweg wäre ohne ihre Religion undenkbar. Der Sieg des
Christentums in Nord- und Südamerika, Australien und Sibirien war gleichzeitig
ein Siegeszug der weissen Rasse. Die "Siege" der Katholiken oder
Protestanten in Nordirland werden von den Akteuren als Siege der irischen bzw.
britischen Nation empfunden. Und im letzten Bosnienkrieg konnte man die
Zugehörigkeit zur serbischen, kroatischen oder bosnischen Nationalität ohnehin
nur am religiösen Bekenntnis der Menschen erkennen, denn rassisch und
sprachlich sind sie identisch.
Auch beim modernen islamischen Fundamentalismus geht es um das, worum es in der
Menschheitsgeschichte und auch vorher immer schon gegangen ist: Ressourcen und
Dominanz. Es geht um das Territorium des Heiligen Landes, das Öl Babyloniens,
die westlichen Marionettenregierungen in den islamischen Ländern, die
gesellschaftliche Stellung der Muslime in den westlichen Ländern.
Eines der extremsten Beispiele von der Sorte "Fundi-Religion im Dienste
der Reproduktion" liefern die Hutterer in Nordamerika mit ihrer strikt
erzwungenen und überwachten Selbstlosigkeit, ihrem kommunistischen Verzicht auf
Privateigentum, und der höchsten Geburtenrate aller bekannten menschlichen
Kulturkreise. Aus ein paar hundert Seelen vor 125 Jahren haben sie sich
inzwischen auf ca. 250 Kolonien mit insgesamt über 25 000 Personen vermehrt.
Während sich also die Weltbevölkerung vervierfachte, haben sie sich verhundertfacht,
oder anders ausgedrückt: Der Anteil ihrer Gene am Genpool der Menschheit hat
sich verfünfundzwanzigfacht. Noch nicht mitgerechnet sind dabei die zahllosen
Nachkommen all jener Abtrünnigen, die sich während dieser Zeit aus den rigoros
asketischen Kolonien der Sekte entfernt und ein "normales Leben"
begonnen haben.
Klar, dass die Hutterer keine Empfängnisverhütung betreiben.
Pilleneffekt
Die moderne Empfängnisverhütung ist verantwortlich für die gravierendste
Fehlanpassung der menschlichen Gene in der heutigen Zeit.
Bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts war es so: Die Natur (also das
Genom) hat den Menschen mit einem schier unwiderstehlichen Geschlechtstrieb und
den Geschlechtsakt mit einem kolossalen Lustgewinn ausgestattet. Die Leute
taten es und daraus entstanden Kinder, ob man sie wollte oder nicht.
Seit Erfindung der Pille führen zwar Geschlechtstrieb und Lustgewinn immer noch
zum Geschlechtsakt, aber die Pille hat die Verbindung zwischen Geschlechtsakt
und Zeugung entkoppelt, die allermeisten Akte gehen ins Leere. Die
Soziobiologen schauen ziemlich alt aus mit ihrer Behauptung, die einzige
Aufgabe aller Lebewesen sei die optimale Fortpflanzung der eigenen Gene. Die
Beobachtung der modernen menschlichen Gesellschaft scheint eine solche Aussage
jedenfalls nicht zu bestätigen. Zwar ist der Bereich
"Liebe-Sex-Partnerschaft" für die meisten Menschen nach wie vor das
wichtigste im Leben, doch erkennt man darin nicht mehr das Bemühen um
reproduktiven Erfolg.
In Wahrheit liegt nur eine vorübergehende, wenngleich sehr gravierende Störung
des menschlichen Fortpflanzungssystems vor, eine plötzliche Fehlanpassung durch
das völlig neue und unvermittelte Auftreten eines neuen und extrem mächtigen
Feindes, nämlich des Mems bzw. Memplexes "Empfängnisverhütung".
Dieser wirkt sich aus wie ein neu aufgetauchtes Virus, das den Genitalbereich
eines Lebewesens lahmlegt.
Wie reagiert aber nun die Natur, wie reagieren die menschlichen Gene auf diese
neue und äußerst einschneidende Herausforderung? - Sie reagieren so, wie sie
immer reagiert haben, wenn ein neues, tödliches Virus auftrat: Die resistenten
Individuen überleben und setzen sich durch, während die anfälligen Personen und
ihre Gene verschwinden.
Konkret: Menschen mit einem genetisch programmierten, sehr starken Wunsch nach
vielen (eigenen) Kindern sind gegen die Pille resistent. Ihre Gene werden sich
in den kommenden Generationen immer mehr durchsetzen, während die anderen
zunehmend verschwinden werden. In einigen Generationen wird dann dem
überwiegenden Teil der Menschheit ein starker Kinderwunsch einprogrammiert
sein, die Natur ist dann wieder in ihrem Recht, und die Pille wird ein
Auslaufmodell.
Schleichende Vielweiberei
In praktisch allen Hochkulturen der Weltgeschichte grassierte die Vielweiberei.
Die mächtigen Herrscher hielten sich gigantische Harems von schönen jungen
Frauen, die streng bewacht wurden. Die Rechnung ist klar: Wenn ein Grande des
Reiches über hundert Weiber verfügt, muss es andererseits 99 Loser geben, die
durch die Finger schauen. Da so ein Reich viele Granden aufweist (denn der
Herrscher braucht eine privilegierte Schicht, um seine Gewaltherrschaft
abzusichern), bleibt eine breite Schicht männlicher Underdogs zu
lebenslänglicher Masturbation verurteilt. Das gefällt ihnen natürlich nicht so
gut, und das ist der Grund, warum der Herrscher ein Gewaltherrscher sein muss.
Einige Zahlen:
Pharao Akhenaten: > 317 Frauen
König Salomon: 1.000 Frauen
Inka-König Atahualpa: 1.500 Frauen
Azteken-König Montezuma: 4.000 Frauen
Udayama (Indien): 6.000 Frauen
Chinas Kaiser Fei-ti: 10.000 Frauen
Die kastrierten Haremswächter des chinesischen Kaiserhofes mussten genau Buch
führen über die Monatsregeln der Haremsdamen, denn der Kaiser bestieg sie
natürlich nur während der empfängnisbereiten Zeit, damit sein Deckakt etwas
bewirkte. Zweimal täglich führte er einen solchen durch, sodass jede Frau
zumindest zweimal in ihrem Leben von ihm beglückt werden konnte.
So handeln also Männer, wenn sie die Möglichkeit dazu haben: Sie maximieren ihren
Reproduktionserfolg, genau so, wie es der Darwinismus erwartet. - Unser Blick
ist allerdings etwas getrübt, wenn wir in der einzigen Hochkultur aufgewachsen
sind, in der das nie so war, nämlich in der westlich-abendländischen. Hier
wurde seit eh und je die Monogamie als hohes Ethos gepflegt, und auch die
Herrscher mussten sich diesem sittlichen Ideal unterwerfen. (Ja, natürlich war
auch die westliche Monogamie nie perfekt, es gab Mätressen und Huren und
Ehebrüche und vorehelichen Verkehr und vielleicht wurde sogar irgendwo das jus primae noctis praktiziert. Aber das
waren, bei etwas großzügiger Betrachtung, alles nur Peanuts im Vergleich mit
dem soeben Geschilderten.) Resultat: Auch der Hans auf der untersten Sprosse
der sozialen Stufenleiter bekam seine Grete, denn es ging sich 1 : 1 aus.
Streng überwacht wurde diese Monogamie von den christlichen Kirchen, die sich
dadurch als Anwalt des gemeinen Mannes betätigten. Das machte sie beim Volk
beliebt, und mit dieser Verankerung in den unteren Ständen konnten sie ihre
Unabhängigkeit gegenüber den weltlichen Herrschern bewahren.
Die gesellschaftlich erzwungene Monogamie führt zu einem reproduktiven
Egalitarismus. "Liebe-Sex-Partnerschaft" (= Reproduktion) war auch
damals schon für die meisten Leute das wichtigste im Leben. Wenn bei diesem
wichtigsten aller Lebensinhalte der oberste Herrscher "im Prinzip"
nicht mehr hatte als der unterste Gefolgsmann, dann war der gesellschaftliche
Interessenausgleich nahezu perfekt. Die Folgen: soziale Harmonie und Kooperation.
Namhafte Sozio(bio)logen sind der Ansicht, dass diese Faktoren wesentlich
mitverantwortlich sind dafür, dass die westliche Kultur alle übrigen
Hochkulturen weit überflügelte und großenteils bis heute dominiert.
Doch in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts gab es im Westen was neues: die
sexuelle Revolution, von ihren Protagonisten auch "sexuelle
Befreiung" genannt.
Sie bedeutet die Auflösung des monogamen Prinzips. Ehe und Familie sind seither
einem zunehmenden Erosionsprozess ausgesetzt. Wohin dieser langfristig
tendiert, kann man in großen Teilen Lateinamerikas heute bereits recht
anschaulich beobachten. Die Soziobiologie nennt es "Lek-Polygynie",
und es funktioniert so: Die Männer präsentieren sich. Die Frauen wählen einen
der attraktivsten aus, um sich von ihm schwängern zu lassen. Sobald dies
gelungen ist, sucht er das Weite, schert sich einen Dreck um Weib und Kind, und
präsentiert sich den nächsten Kandidatinnen. Der überwiegende Teil der Mütter
ist alleinerziehend.
Diese Form der freien Liebe hat zwei gravierende Konsequenzen. Erstens: Die
Männer investieren ihr Geld, also letztlich ihre Schaffenskraft, nicht in die
Aufzucht ihrer Kinder, sondern in die Merkmale, durch die sie selbst attraktiv
werden: trendige Klamotten, Styling, Statussymbole. Der Lebensaufwand von
Millionen fließt also nicht in die Ausbildung und Erziehung der nächsten
Generation, sondern in die Produktion von Modeartikeln und Statusbesitz. Und
zweitens: Nur die attraktiven Herren genießen ein lustvolles Sexualleben. Für
die minderwertigen Versager heißt es "Handbetrieb lebenslänglich",
und das will ihnen gar nicht gut gefallen, denn es geht ja hier um das, was den
meisten Menschen am wichtigsten in ihrem Leben ist. Männlicher Sexualfrust und
Sexualneid führt zu einem gigantischen Aggressionspotenzial. Das wird noch
verstärkt durch den delikaten Umstand, dass diese Versager mit ihren
Steuergeldern auch noch die Sozialkassen füllen müssen, aus denen die Kinder
ihrer erfolgreichen und verhassten Konkurrenten ernährt werden, deren
lustvoller Zeugungsakt ihnen versagt blieb. Die Forderung des Feminismus, dass
alleinerziehende Mütter den verheirateten materiell gleichgestellt werden
müssen (aus den Sozialkassen, versteht sich), verstärkt also diese soziale
Ungerechtigkeit noch weiter. Als zwingendes Resultat wird die gesellschaftliche
Kooperation und Harmonie von zentrifugalen Kräften zerrissen.
Wieder einmal so ein Paradoxon der Weltgeschichte: Die Avantgardisten der
freien Liebe in den 60er Jahren waren fast durchwegs linksorientiert ("Wer
zweimal mit der selben pennt, gehört schon zum Establishment") und wollten
eine soziale Befreiung. Erreicht haben sie das Gegenteil, nämlich eine massive
soziale Ungleichheit.
Selektion oder Gleichmacherei?
Wollen wir überhaupt soziale Gleichheit? - Bisher pflegte man als Darwinist
schwere Bedenken anzumelden gegen die Forderung nach einer egalitären
Gesellschaftsordnung. Dadurch werde die Selektion behindert, sagte man nicht
ganz zu Unrecht. Wenn Träger von Krankheiten, die zum erheblichen Teil erblich
bedingt sind, wie z.B. Phenylketonurie, Bluterkrankheit, Drogenanfälligkeit,
Kurzsichtigkeit, Debilität, Epilepsie, Ichthyose, Hüftgelenksluxation,
Legasthenie, Schizophrenie, Depression, Kriminalität und Alkoholismus, den
gleichen Reproduktionserfolg haben wie gesunde Personen, dann werde die
genetische (eugenische) Gesundheit der Gesamtbevölkerung dadurch stark
belastet, und natürlich auch die Sozialkassen.
Man muss diese Vorhaltungen wissenschaftlich ernstnehmen, aber es gibt auch
Gegenargumente. Erstens darf man davon ausgehen, dass sich diese Patienten
wegen ihrer Behinderung auch bei gleichen Bedingungen nicht im selben Ausmaß
reproduzieren wie die Gesunden. Zweitens kann man beobachten, dass gerade bei
dekadenten Eliten die Selektion besonders stark behindert ist (klassisches
Beispiel: die Bluterkrankheit in der Zarenfamilie).
Und drittens besteht neuerdings die Aussicht, dass die ganze Frage insgesamt
irrelevant wird. Wenn nämlich demnächst (in einigen Jahrzehnten) die
reproduktionsmedizinische Genmanipulation auch für die soziale Unterschicht
erschwinglich wird, werden die Kinder ohnehin genetisch designed, wobei selbstverständlich auch alle Gendefekte ausgemerzt
werden.
Es wird also zunehmend schwerfallen, egalitäre Gesellschaftsstrukturen aus
eugenischen Gründen abzulehnen.
1984
Wir kommen zur letzten und zugleich düstersten
Entwicklungstendenz der modernen Gesellschaft.
Zwar ist George Orwells Vision im Jahr 1984 noch nicht verwirklicht worden,
aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Die Bedingungen dafür werden jedenfalls
immer günstiger und dadurch das Ziel immer verlockender. Die elektronischen
Mittel zur lückenlosen Überwachung und Kontrolle der Untertanen werden laufend
perfektioniert. Der Datenschutz bewirkt, dass die Obrigkeit von den Untertanen
nicht mehr kontrolliert werden kann, umgekehrt läuft's dafür umso effektiver.
Der moderne Terrorismus (die Waffe der Machtlosen) liefert heiss begehrte
Argumente zur informationstechnologischen Aufrüstung des Repressionsapparats.
Bereits heute wird die westliche Welt regiert von den gigantischen Bürokratien,
denen kein demokratisch legitimierter Politiker mehr am Zeug flicken kann. Sie
sind verbündet mit den internationalen Wirtschaftskartellen. Die Massenmedien
sind mit beiden so eng verklüngelt, dass auch von dieser Seite keine
unabhängige Kontrolle mehr erwartet werden kann. Die Geschichte lehrt es und
die Soziobiologie bestätigt es: Wenn die herrschenden Kreise eine Möglichkeit
sehen, ihre Herrschaft abzusichern, dann tun sie es auch. Es scheint daher nur
eine Frage der Zeit zu sein, bis das Jahr 1984 anbricht.
Doch auch für diesen Fall hat Mutter Natur noch ein Ass im Ärmel und sorgt
dafür, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Die Dynamik der
Dominanzstruktur in der menschlichen Gesellschaft bringt es nämlich mit sich,
dass auch innerhalb der dominierenden Gruppe ein Gerangel um die besten Plätze
an den Futterkrippen der Macht stattfindet. Dieses Gerangel wächst sich
zwangsläufig früher oder später zu einem ernsthaften Konflikt aus. Dabei kann
dann leicht einmal eine Seite auf die Idee kommen, dass man ja eigentlich auch
die soziale Unterschicht als Verbündeten gebrauchen könnte. Ein diesbezügliches
Angebot wird mit glaubwürdigen Versprechungen ausgestattet (Beteiligung an Macht
und Ressourcen), die bisher Chancenlosen sehen ganz überraschend ihre Chance
gekommen, und das Geschehen nimmt seinen Lauf. Die totalitäre Machtausübung
durch den perfektesten Unterdrückungsapparat bricht hilflos zusammen, wenn sie
von oben her aufgelöst wird.
Ein Beispiel aus der jüngeren Geschichte: Die Herrscher der Sowjetunion hatten
von 1917 bis 1953 das Volk hinter sich. (Nach übereinstimmenden Berichten der
westlichen wie östlichen Medien war die Trauer, die bei Stalins Tod ausbrach,
echt und allgemein.) Von 1953 bis 1991 regierten sie gegen das Volk. Dann
drängte eine Gruppe von Reformatoren um Boris Jelzin an die Spitze der Macht.
Zu diesem Zweck verbündeten sie sich mit dem Volk, was zur Folge hatte, dass
ihren Gegnern (dem verknöcherten Establishment) im August 1991 von den Soldaten
der Gehorsam verweigert wurde. Die große Sowjetunion, die 74 Jahre lang wie ein
unangreifbarer monolithischer Block die Welt in Atem hielt und dem Begriff
"1984" ziemlich nahe kam, fiel wie ein Kartenhaus in sich zusammen.
Die Karten wurden komplett neu gemischt.
"Die Natur findet immer einen Weg." (Malcolm
in Steven Spielbergs Jurassic Park)
6. Darwin - wer traut sich ran?
"Die als Geisteswissenschaften bezeichneten Fächer werden immer noch so
gelehrt, als habe Darwin nie gelebt." (Richard
Dawkins)
Die moderne Christenheit arbeitet seit vielen Jahrzehnten an ihrer eigenen
Entmythologisierung (was sie als Offenbarungsreligion eigentlich gar nicht
sollte!). Die modernen Sozialwissenschaften hingegen, die sich der Religion
gegenüber aufgeklärt und fortschrittlich wähnen, basieren immer noch auf den
fatalen Grundirrtümern der Naturromantik, des Edlen Wilden, der tabula rasa und des Dualismus. Es wird
Zeit, dass auch sie und vor allem sie die alten Mythen verabschieden, die
genetisch-egoistische Steuerung unseres Sozialverhaltens zur Kenntnis nehmen
und darauf ihre Gesellschaftsmodelle errichten. Die werden dann mit Sicherheit
brauchbarer - weil solider - werden als alles bisherige.
Es stimmt, die Soziobiologie ist die ultimative Herausforderung der
menschlichen Sozialphilosophie. Sie ist eine völlig neue Weltanschauung, ein
neues System der Welterklärung. Die "darwinische Revolution" (Richard
Dawkins) ist eine ideologische Revolution von fundamentaler gesellschaftspolitischer
Relevanz. Die bisher dominierenden Weltanschauungen (=Memplexe) werden nicht
nur herausgefordert, sondern vielleicht sogar tödlich getroffen. Klar, dass sie
sich zur Wehr setzen.
Die Menschheitsgeschichte bietet immer wieder interessante Überraschungen,
unvorhergesehene Wendungen, unberechenbare Entwicklungen und eine ungewisse
Zukunft. Wir stehen jetzt an einem Punkt, wo der Mensch sich der egoistischen
Basis seines gesellschaftlichen Handelns voll bewusst wird. Mal sehen, was er
daraus macht ...
7. Danksagung
Mein besonderer Dank gilt Frau Dr. Ulrike Kammerhofer-Aggermann, die diesen
ketzerischen Essay als Herausgeberin nicht nur toleriert, sondern sogar positiv
gewollt und in Auftrag gegeben hat. Solange es noch so mutige Personen gibt,
wird sich das Denken immer wieder aus den eingefahrenen Kreisbahnen
hinausbewegen und die Uhr wird nicht stehenbleiben.
Mein permanenter Dank gilt meiner großzügigen Gönnerin, einer echten Mäzenin
der Wissenschaft, die mir seit Jahrzehnten die existenzielle Basis für meine
beschaulichen Studien ermöglicht. Ich habe das unverdiente Glück, mit dieser
großartigen Frau sogar verheiratet sein zu dürfen.
Anschrift des Verfassers: Dr.h.c.
Remigius Geiser
St.-Julien-Str.
2 / 314
A - 5020
Salzburg
Remigius Geiser ist Diplom-Biologe aus München,
lebt seit 1987 als Privatgelehrter und Publizist in
Salzburg,
liest Soziobiologie an der Universität Salzburg.
[Anhang: ]
Kurze und allgemeinverständliche, wissenschaftliche
Begründung der Aussagen im 1. Kapitel
Unbedingte Voraussetzung für das Verständnis der Einzelaussagen ist die
folgende Grundüberlegung, die auch im 1. Kapitel des Haupttextes dargelegt ist:
Gene (Erbanlagen), die ein Individuum so programmieren, dass es sich optimal
fortpflanzt, werden in der nächsten Generation häufiger vertreten sein als
solche, die das nicht so effektiv tun. Letztere verschwinden daher im Laufe der
Generationen, so dass schließlich nur noch solche übrig bleiben, deren einziges
Ziel die optimale Fortpflanzung ist. Daraus folgt das einzige und absolute
Grundgesetz der gesamten Biologie:
Die einzige Aufgabe aller Lebewesen ist
die optimale Fortpflanzung ihrer eigenen Gene.
Auch die Seele des Menschen macht davon keine Ausnahme, denn deren genetisch
vorprogrammierte Eigenschaften wirken sich ebenfalls auf den
Fortpflanzungserfolg aus und unterliegen deshalb zwangsläufig dem gleichen
fortpflanzungsegoistischen Auslesemechanismus wie die körperlichen.
Zu den Aussagen im Einzelnen:
"Wahre Nächstenliebe ist eine Geisteskrankheit."
Wahre Nächstenliebe ist hier definiert als selbstlose Handlung zugunsten
anderer, nicht blutsverwandter Personen und ohne eigenen Vorteil oder eigene
Belohnung/Entschädigung, weder simultan noch zu einem späteren Zeitpunkt.
Personen, die so handeln, verwenden also einen Teil ihrer Zeit und Energie oder
ihrer Finanzen für Zwecke, die nicht der Fortpflanzung ihrer eigenen Gene
dienen. Letzteres wäre aber ihre einzige Aufgabe. Ein Lebewesen, also ein Stück
Natur, das seinen natürlichen Zweck, für den es programmiert ist, nicht optimal
erfüllt, leidet an einer Funktionsstörung. Solche Funktionsstörungen nennt man
Krankheiten. Da die wahre Nächstenliebe eine geistig-seelische Eigenschaft ist,
handelt es sich also um eine Geisteskrankheit.
Vgl. dazu auch im 2. Kapitel "Zersetzung der Moral" und im 3. Kapitel
"Scheinbare bzw. subjektive Selbstlosigkeit" und
"Fehlanpassung".
"Gewaltbereitschaft und Mordlust steigern den
Sexappeal des Mannes."
Bei vielen Naturvölkern ohne Privateigentum, z.B. bei den südamerikanischen
Yanomami, bemisst sich das Prestige eines Mannes vorwiegend nach der
Bereitschaft und Fähigkeit, möglichst viele Gegner zu töten, womit er
Überlegenheit und dadurch hochwertiges Erbgut demonstriert. Dieses Prestige
macht einen Mann sexuell attraktiv (denn Frauen sind so programmiert, dass sie
sich mit möglichst hochwertigen, durchsetzungsfähigen Männern paaren), was zur
Folge hat, dass Männer, die in ihrem Leben zumindest einen Feind umgebracht
haben, dreimal soviele Ehefrauen und dadurch auch dreimal soviele Kinder haben
als die anderen. Vgl. VOLAND 2000 S. 95.
Im alten Rom bereiteten sich reiche Frauen ein erotisches Vergnügen besonderer
Art: Sie ließen ihren kräftigen Lieblings-Sklaven mit überlegenen Waffen gegen
einen minderwertigen Sklaven kämpfen, und zwar solange, bis er ihn kaltgemacht
hat. Davon wurden sie sexuell maßlos erregt und koitierten dann mit dem Sieger
auf besonders lustvolle Weise.
Die Erregungszustände der weiblichen (und männlichen) Zuschauer von Boxkämpfen
demonstrieren uns, dass ein solcher Funktionsmechanismus unseres
Sexualverhaltens auch heute noch (in individuell unterschiedlichem Ausmaß) in
uns angelegt ist und durch entsprechende Umstände jederzeit wieder aktiviert
werden kann.
Auch im weit verbreiteten Sadomasochismus werden körperliche Gewalt und
Angstzustände als sexueller Stimulus eingesetzt.
"Wir sind für den Ehebruch programmiert."
Ehebrüche bringen der Fortpflanzung des Ehemannes triviale Vorteile: Er kann
dadurch zusätzliche Kinder zeugen. Gene, die den männlichen Ehebruch nicht in
ihrem Programm haben, werden deshalb im Laufe der Generationen immer seltener
zu Gunsten der anderen. Aber auch der Ehebruch der Ehefrau bringt ihrer
Fortpflanzung erhebliche Vorteile. Zwar kann sie dadurch die Zahl ihrer Kinder
nicht steigern (außer wenn ihr Ehegatte impotent ist), aber sie kann ihren
Kindern hochwertigere Gene verschaffen, und das geht so:
Eine unattraktive Frau kann meist nur einen unattraktiven, rangniederen Mann
heiraten, eine mittelmäßige einen mittelmäßigen. Betrügt sie ihn jedoch mit
einem ranghohen ("die Erotik der Macht"), dann kann sie ihren Kindern
hochwertigere Gene vermitteln als mit ihrem Ehegatten. Die hochgestellten,
dominanten Männer sind (wie die meisten anderen auch) keine Kostverächter und
verweigern sich einer unattraktiven oder mittelmäßigen Frau nicht, wenn es nur
um eine unverbindliche Affäre geht ohne weitere Verpflichtungen. So kommt es,
dass die Frau ihren Gatten viel häufiger mit einem Vorgesetzten betrügt als mit
einem Untergebenen. Klassische Beispiele: die Sekretärin mit ihrem Chef, die
Krankenschwester mit dem Stationsarzt, die Stewardess mit dem Piloten, die
Lehrerin mit dem Schulinspektor, die Touristin mit ihrem Schilehrer etc. ...
Durch einen Ehebruch mit einem Vorgesetzten oder mit einem anderen Mann in
hoher gesellschaftlicher Position kann eine Frau aber nicht nur ihren Kindern
bessere Gene verschaffen, sondern auch sich selbst berufliche oder
gesellschaftliche Vorteile: Ein zweiter Grund, weshalb die Gene der Frau ihren
Ehebruch programmieren. Es gibt noch weitere Gründe dafür, aber die hier
genannten sind die wichtigsten.
Ausführlichere Darstellung dieser Zusammenhänge bei RIDLEY 1998.
"Völkermord bedeutet den Sieg der
Tüchtigen."
Völkermord wird von den Naturvölkern ebenso wie von den Schimpansen (unseren
nächsten Verwandten) permanent praktiziert. Man muss deshalb davon ausgehen,
dass er auch in den Jahrmillionen der Steinzeit permanent betrieben wurde, in
denen sich unser Verhalten durch natürliche Auslese herausgebildet hat.
Völkermord in der Steinzeit und bei den heutigen Naturvölkern sieht so aus: Das
Nachbardorf wird überfallen, die Männer, die Kinder und die Alten werden
umgebracht, die Frauen werden geraubt und von den Siegern geschwängert. Fazit:
Jeder Krieger hat nunmehr doppelt so viele Frauen zur Verfügung, und damit den
doppelten Fortpflanzungserfolg. Ausserdem besitzt die Dorfgemeinschaft nun ein
doppelt so großes Territorium. Gene, welche die Männer zu Krieg und Völkermord
veranlassen und ihnen zum Sieg verhelfen, setzen sich deshalb schon seit
Jahrmillionen durch, zu Lasten der friedliebenden. Es sind eben die Gene der
Erfolgreichen, der Tüchtigen, der Durchsetzungsfähigen; Gene der Winner und
nicht der Loser.
Bei höher zivilisierten Völkerschaften ist das Kriegsglück weitgehend von
kulturellen Faktoren abhängig: Waffentechnik, Wirtschaftskraft, Organisation
und Manipulation der Bevölkerung u.a. Diese Faktoren werden weniger durch Gene
programmiert, sondern durch Meme gesteuert (siehe Kapitel 4). Das macht aber
keinen grundsätzlichen Unterschied, denn auch die Meme sind Replikatoren (siehe
dort) und meistens Verbündete irgendwelcher Gene. "Sieg der
Tüchtigeren" heißt also in diesem Fall: "Sieg derjenigen, die die
besseren Meme haben."
Vgl. dazu auch im 5. Kapitel "Nationalismus", "Rassismus"
und "Religiöser Fundamentalismus".
"Vergewaltigung von Frauen ist ein natürlicher
Vorgang."
Die Angelegenheit ist eigentlich banal. Durch Vergewaltigung kann der Mann mit
geringem Aufwand und ohne weitere Verpflichtungen zusätzliche Kinder zeugen.
Gene, welche die Vergewaltigung nicht im Programm haben, werden daher im Laufe
vieler Generationen allmählich aus der Bevölkerung verschwinden zugunsten der
Vergewaltiger-Gene. Selbstverständlich ist Vergewaltigung auch im Tierreich
weit verbreitet, nicht zuletzt auch bei unseren nächsten Verwandten, den
Menschenaffen. Beim Orang-Utan beispielsweise sind ca. 40 % aller
Geschlechtsakte erzwungen.
Das häufig gehörte Argument, Vergewaltigung ziele nicht auf Fortpflanzung ab,
sondern auf dominante Selbstbestätigung des Mannes und Erniedrigung der Frau,
trifft so nicht zu. Es stimmt zwar, dass Dominanz und Unterwerfung, Angst und
Schmerz, im menschlichen Sexualverhalten eine große Rolle spielen und häufig
für beide Seiten sexuell erregend wirken, allerdings nicht nur bei der
Vergewaltigung, wenngleich die Vergewaltigungsphantasie ein häufiges (und
vermutlich auch das ursprünglich reale) Modell solcher Empfindungen ist. Doch
lässt sich aus dem Alter der Vergewaltigungsopfer statistisch nachweisen, dass
Vergewaltigung in erster Linie auf weibliche Fruchtbarkeit fokussiert.
Ausführliche Darstellung dieser Zusammenhänge bei THORNHILL & PALMER 2000.
Vgl. dazu auch im 3. Kapitel "Fakt und Empfehlung".
"Kindermord ist eine gesunde Verhaltenstendenz."
Es gibt diverse Konstellationen, unter denen die egoistischen Gene ihren
Fortpflanzungserfolg steigern, wenn sie den Menschen dazu veranlassen,
bestimmte Kinder umzubringen. Drei dieser Szenarien seien hier, stellvertretend
für einige weitere, geschildert:
1) Ein Mann hat in seiner Familie Kinder, deren
Mutter zwar seine Frau, aber deren biologischer Vater nicht er selbst ist. Im
Sinne der optimalen Fortpflanzung seiner eigenen Gene ist es für ihn günstig,
diese Kinder zu beseitigen, weil dadurch das elterliche Investment beider
Eltern ausschließlich seinen eigenen Kindern (mit seinen eigenen Genen) zugute
kommt, ohne dass sie es mit anderen Kindern teilen müssen. Seine eigenen
Sprösslinge erhalten dadurch eine bessere Ernährung und Ausbildung und dereinst
einen größeren Erbteil, was sich dann wiederum auf ihren eigenen
Fortpflanzungserfolg günstig auswirkt.
Beispiel: Im römischen Recht hat der Ehemann das ausdrückliche Privileg, diese
fremdgezeugten Kinder nach Belieben umzubringen.
2) In Zeiten extremer Hungersnot konsumieren Eltern ihre eigenen Kinder, da es
für das Überleben (und damit auch
für die spätere Fortpflanzung) ihrer eigenen Gene günstiger ist, wenn die
Kinder von ihren Eltern verspeist werden, als wenn sie zusammen mit den Eltern
verhungern.
Beispiele: die Bewohner Jerusalems während der römischen Belagerung anno 70;
die chinesischen Bauern während der großen Hungersnot anno 1959-61.
3) Der Fortpflanzungserfolg von Männern hängt stark
von ihrem gesellschaftlichen Rang ab. Für Söhne ranghoher und reicher Eltern
ist daher eine sehr erfolgreiche Fortpflanzung zu erwarten, besonders in
Gesellschaften mit Vielweiberei. Das ist der Grund, weshalb in vielen Kulturen
die reichen und hochrangigen Eltern ihre neugeborenen Töchter systematisch
umbringen: Es lohnt sich kaum, sie aufzuziehen, denn von ihren Söhnen können
sie viel mehr Enkelkinder erwarten und dadurch die Fortpflanzung ihrer eigenen
Gene viel effektiver betreiben.
Beispiele: China und Indien.
Ausführliche Darstellung dieser Zusammenhänge bei DALY & WILSON 1988.
"Macht ist das wirksamste Aphrodisiakum."
Der Ausspruch stammt von dem amerikanischen Ex-Außenminister Henry A.
Kissinger, und der muss es wissen.
Geld und Macht sind ineinander konvertierbar: Wer Geld hat, kann sich damit die
Macht kaufen, und wer Macht hat, kann daraus Geld machen (z.B. in Form von
Schmiergeldern).
Der Fortpflanzungserfolg einer Frau wird doppelt gefördert, wenn sie sich von
einem Mann mit Geld oder Macht begatten lässt. Erstens kann sie davon eine
bessere Versorgung und berufliche Protektion ihrer Kinder erwarten, was deren
Fortpflanzungserfolg wiederum steigert. Und zweitens sind Macht und Geld
Indikatoren dafür, dass dieser Mann durchsetzungsfähig und tüchtig und dadurch
gesellschaftlich nach oben gekommen ist, was auf hochwertige Gene schließen
lässt. Eine von ihm geschwängerte Frau kann diese hochwertigen Gene somit an
ihre Kinder weitergeben und erwarten, dass auch ihre Söhne mit diesem
hochwertigen Genom einen größeren Fortpflanzungserfolg erzielen werden.
Die "Erotik der Macht" wirkt aber auch auf den Mächtigen selbst
erotisierend, triebsteigernd und potenzsteigernd, denn das Gefühl der eigenen
Dominanz führt zu einer erhöhten Produktion luststeigernder Hormone wie
Testosteron und Dopamin. Umgekehrt wird bei einem subalternen Habenichts, der
permanent dominiert und erniedrigt wird, die Produktion dieser luststeigernden
Hormone stark reduziert. Das liegt letztlich auch im Fortpflanzungsinteresse
seiner Gene: Er soll erst einmal einen größeren Teil seiner Energie dafür
verwenden, aus dieser Underdog-Position herauszukommen, statt die sexuelle
Annäherung an Frauen zu suchen, was in seiner Situation nur Energie- und
Zeitverschwendung ist.
Vgl. dazu auch oben "Gewaltbereitschaft und Mordlust ..."
"Diskriminierung von Behinderten ist dem
Menschen angeboren und steigert seine Fitness."
Wenn Eltern in ihre Kinder investieren, kostet das viel Zeit, Energie und Geld.
Sie müssen deshalb ihr Investment so aufteilen, dass es im Sinne des Fortpflanzungs-Egoismus
die maximale Rendite (= Anzahl der Enkelkinder) bringt. Daher ist es sinnvoll,
in gesunde Kinder mehr zu investieren als in behinderte, da von letzteren kaum
eine Rendite zu erwarten ist.
Unter "Fitness" versteht die Soziobiologie den anteiligen Beitrag der
Gene eines Individuums zur Gesamtheit aller menschlichen Gene der nächsten oder
übernächsten Generation. Dieser Beitrag wird umso höher ausfallen, je mehr
Enkelkinder entstehen. Gene, welche die Diskriminierung behinderter Kinder programmieren
und dadurch die Zahl der Enkelkinder maximieren, werden deshalb im Lauf der
Generationen immer häufiger, während die toleranten allmählich aussterben.
Beispiele: 50 bis 80 % aller menschlichen Embryonen werden wegen Untauglichkeit
spontan abortiert; die eugenisch indizierte Abtreibung ist in den meisten
europäischen Ländern eine legale und alltägliche Praxis; in den USA werden
behinderte Kinder von ihren Eltern über zweimal so häufig vernachlässigt,
misshandelt oder umgebracht - trotz gegenläufiger öffentlicher Moral.
Vgl. VOLAND 2000 S. 260-262.
"Treue ist die Tugend des Minderwertigen,
Eifersucht sein Schicksal."
Ist ein Mann körperlich unattraktiv, kränklich, besitzlos, in untergeordneter
Position und ohne erotische Ausstrahlung, dann ist er es meistens aufgrund
minderwertiger Gene. Er ist aber nicht nur aus biologischer Sicht minderwertig,
sondern auch aus der Sicht der Frauen, und hat daher gewaltige Schwierigkeiten,
eine Ehepartnerin zu finden. Hat er dann doch eine gefunden (es gibt auch
minderwertige Frauen), dann setzt er alles daran, sie zu halten, und bemüht
sich weiter um sie. Natürlich hat er, wie die meisten Männer, das Verlangen
nach außerehelichen Affären. Da ihn die Frauen aber sexuell verachten, bleiben
ihm solche lustvollen Erlebnisse versagt. Er macht deshalb die Not zur Tugend,
rühmt sich seiner Treue und stabilisiert damit seine Ehe, die das auch dringend
nötig hat.
Da er nämlich genetisch minderwertig ist, sucht seine Gattin ihrerseits
aussereheliche Affären, um ihren Kindern hochwertige Gene zu vermitteln, und
die hochwertigen, attraktiven Herren lassen sich nicht lange bitten, wenns nur
um unverbindlichen Sex ohne weitere Verpflichtungen geht. Der Ehemann weiß um
seine Minderwertigkeit und versucht mit maximaler Eifersucht die Untreue seiner
Partnerin zu verhindern, aber er hat meistens keine Chance.
Vgl. dazu oben "Wir sind für den Ehebruch programmiert."
Literatur-Empfehlungen
Baker, Robin: Krieg der Spermien. - Limes, München 1997.
Amüsante, aber wissenschaftlich fundierte Behandlung
des Themas „Liebe-Sex-Partnerschaft“. Liest sich streckenweise wie ein
Pornoheftlein.
Blackmore, Susan: Die Macht der Meme / Die Evolution von Kultur und Geist. - Spektrum, Heidelberg 2000.
Standardwerk zur weiteren Vertiefung der Lehre über
die Meme. Etwas spekulativ.
Buss, David
M.: Evolutionary Psychology, 2nd edition. - Pearson, Boston 2004.
Umfassende Behandlung der Humansoziobiologie auf dem
neuesten Stand des Wissens.
Daly,
Martin & Wilson, Margo: Homicide. -
Soziobiologische Behandlung der verschiedenen
Erscheinungsformen des Phänomens „Mord“ in der menschlichen Gesellschaft.
Dawkins, Richard: Das egoistische Gen, überarbeitete Neuausgabe. - Rowohlt, Reinbek 1998.
Ein Klassiker, den
nicht nur jeder Soziobiologe, sondern auch jeder gebildete Mensch gelesen haben
sollte.
Dennett, Daniel C.: Darwins gefährliches Erbe. - Hoffmann und Campe, Hamburg 1997.
Ausführliche
philosophische Meditation über die Konsequenzen des Neodarwinismus für das
Denken und Handeln der modernen Gesellschaft.
Eibl-Eibesfeldt, Irenäus: Die Biologie des menschlichen Verhaltens, 3. Auflage. - Seehamer, Weyarn 1997.
Detailreiches und kompetentes Standardwerk über das
Sozial- und sonstige Verhalten des Menschen. Kritische Distanz zu Dawkins.
Fisher, Helen: Anatomie der Liebe. - Droemer Knaur, München 1993.
Populärwissenschaftliche Behandlung des Themas
„Liebe-Sex-Partnerschaft“ aus soziobiologischer Sicht.
Paul, Andreas: Von Affen und Menschen / Verhaltensbiologie der Primaten. - Wiss.Buchges., Darmstadt 1998.
Macht deutlich, wie sehr der Mensch in seinem
Sozialverhalten inmitten der Affen eingewurzelt und eigentlich nur eine normale
Variante dieser Tierordnung ist.
Pinker, Steven: Das unbeschriebene Blatt. - Berlin Verlag, Berlin 2003.
Umfangreiche darwinistische Abrechnung eines
Psychologen und Sozialwissenschafters mit den modernen Sozialwissenschaften,
besonders hinsichtlich der Themen „Gen und Umwelt“ und „Gen und Kultur“.
Ridley, Matt: Eros und Evolution / Die Naturgeschichte der Sexualität. - Knaur, München 1998.
Populärwissenschaftliche Behandlung des Themas
„Liebe-Sex-Partnerschaft“ aus soziobiologischer Sicht.
Ridley, Matt: Die Biologie der Tugend / Warum es sich lohnt, gut zu sein. - Ullstein, Berlin 1999.
Vertiefte soziobiologische Reflexionen zu den Themen
“Gegenseitigkeit, Zusammenarbeit, Nächstenliebe, Selbstlosigkeit“.
Thornhill,
Randy & Palmer, Craig T.: A Natural History of Rape. - The MIT Press,
Cambridge 2000.
Für alle, die auch nach der Lektüre immer noch nicht
glauben wollen, daß Vergewaltigung von Frauen ein natürlicher Vorgang ist.
Voland, Eckart: Grundriss der Soziobiologie, 2. Auflage. - Spektrum, Heidelberg 2000.
Deutschsprachiges
Standard-Lehrbuch der Soziobiologie. Umfassend und sehr empfehlenswert.
Wilson, Edward O.: Die Einheit des Wissens, 2. Auflage. - Siedler, Berlin 1998.
Allgemeinverständliche, kompetente und versöhnliche
Behandlung des Konfliktes zwischen der Soziobiologie und den modernen
Sozialwissenschaften.
Wilson,
Edward O.: Sociobiology / the New Synthesis, 25th anniversary ed. -
Belknap, Harvard 2000.
Klassiker-Nachdruck, extrem ausführlich, leider nicht
mehr ganz up to date.
Wrangham, Richard & Peterson, Dale: Bruder Affe / Menschenaffen und die Ursprünge menschlicher Gewalt. - Diederichs, München 2001. - Ähnlich Paul, aber mit Schwerpunkt Aggressionsverhalten.
Wuketits, Franz M.: Soziobiologie. - Spektrum, Heidelberg 1997.
Allgemeinverständliche
Einführung in die Soziobiologie, philosophisch geprägt.
[ Link oder Kasten zum 2. Kapitel irgendwo zwischen "Sonderstellung des
Menschen" und "Willensfreiheit": ]
Die Replikatoren
Sie starben nicht aus,
denn sie sind unübertroffene Meister
in der Kunst des Überlebens.
Doch dürfen wir sie nicht frei im Meer umhertreibend suchen;
dieses ungebundene Leben
haben sie seit langem aufgegeben.
Heute drängen sie sich in riesigen Kolonien,
sicher im Innern gigantischer, schwerfälliger Roboter,
hermetisch abgeschlossen von der Außenwelt;
sie verständigen sich mit ihr
auf gewundenen, indirekten Wegen,
manipulieren sie durch Fernsteuerung.
Sie sind in dir und in mir,
sie schufen uns,
Körper und Geist,
und ihr Fortbestehen
ist der letzte Grund unserer Existenz.
Sie haben einen weiten Weg hinter sich,
diese Replikatoren.
Heute tragen sie den Namen Gene,
und wir
sind ihre Überlebensmaschinen.
Richard
Dawkins
[ Link oder Kasten irgendwo am Ende des ganzen Artikels: ]
Apotheose der Gene
Wie Gämsen
springen sie frei und ungehindert
durch die Generationen,
lediglich zeitweilig zusammen
in Wegwerf-Überlebensmaschinen eingeschlossen,
unsterbliche Spiralen,
die sich von einer endlosen Kette von Sterblichen befreien,
während sie vorwärtsdrängen
und sich Bahn brechen
in Richtung auf ihre separaten Ewigkeiten.
Richard
Dawkins
[ Kasten oder Link gegen Ende von Kapitel 4: ]
Ein Zuckerl für die Gegner des Materialismus
Oder sollte man sagen "ein Trostpflaster" ?
Wenn es heisst "Gene sind Nukleotid-Sequenzen, also chemische
Gebilde", dann stimmt das eigentlich gar nicht. Ein Gen ist in Wahrheit
ein Stück Information, das sehr häufig in Form einer Nukleotid-Sequenz
gespeichert ist. Diese ist aber dabei nur die austauschbare Träger-Substanz für
die Information, die genausogut auch auf einem anderen Speichermedium
abgespeichert werden kann. Da ein Gen meistens die Information für den Aufbau
eines Eiweißmoleküls ist, kann man diese Information (also das Gen) auch von
diesem Eiweißmolekül ablesen, das in diesem Fall als Datenträger fungiert. Ein
anderer Datenträger ist z.B. Papier, wenn nämlich die genetische Information
vom Sequenz-Analysator ausgedruckt wird. Wenn sie dann die Laborantin dem
Laborleiter vorliest, fungieren vorübergehend die Schallwellen der Luft als
Datenträger. Wenn der Laborleiter sie auswendig im Kopf hat, sind die
elektrischen Potentiale seiner Nervenzellen als Datenträger tätig. Natürlich
kann man die Information auch auf Computerdisketten, CDs und Festplatten
speichern.
Worauf es hier ankommt: Gene sind in Wirklichkeit keine materiellen Wesen,
sondern Informationseinheiten. Konsequent gedacht, sind sie geistige Gebilde.
Die Meme als Kulturelemente sind ebenfalls nur kulturelle
Informationseinheiten, also gleichfalls geistige Gebilde. Wenn wir feststellen,
dass die Welt von Genen und Memen regiert wird, dann bedeutet das also, dass
sie von geistigen Wesen beherrscht wird.
Das ist Balsam auf die gebeutelten Seelen aller Gegner des Materialismus,
bestätigt sich doch einmal mehr der berühmte Satz des Vergil (Aeneis 6,727-729):
"Mens
agitat molem et magno se corpori miscet.
Inde hominum pecudumque genus vitaeque volantum
et quae marmoreo fert monstra sub aequore
pontus."
("Der Geist bewegt die Materie und vermählt sich dem mächtigen Leibe.
Hieraus stammen Menschen und Vieh und das Leben der
Vögel
und was an Wesen der Ozean birgt unter marmornem
Spiegel.")
[ Abbildungsunterschriften: ]
Abb. 1: Nach christlicher Erbsünden-Lehre
ist durch den Sündenfall im Paradies die menschliche Natur zerbrochen worden,
so dass sie zur Sünde und zum Bösen neigt. Soziobiologische Aussagen über die
ererbten Abgründe der menschlichen Seele sollten daher theologisch keinen
Anstoß erregen. (Hans Baldung Grien:
"Der Sündenfall")
Abb. 2: Die Soziobiologie zeigt mit
aller Eindringlichkeit, dass sich nicht nur der Leib, sondern auch die
Geist-Seele des Menschen kontinuierlich aus der tierischen heraus entwickelt
hat. Lediglich ihre behauptete Unsterblichkeit kann biologisch weder bewiesen
noch widerlegt werden. (Michelangelo:
"Die Erschaffung des Adam")
Abb. 3: Linke und rechte, religiöse
und humanitäre Ideologien gründen auch heute noch mehrheitlich auf der
naturromantischen Vorstellung vom "Edlen Wilden", den angeblich erst
eine verquere Zivilisation deformiert und korrumpiert habe. Tatsächlich aber
starben in der Altsteinzeit, als sich unser ererbtes Verhalten herausbildete,
ca. 30 % aller Männer durch Krieg und Völkermord, in den westlichen
Gesellschaften des 20. Jahrhunderts jedoch nur 1 %. (Kriegsszene einer altsteinzeitlichen Felsmalerei in Spanien)
Abb. 4: Was wie Selbstlosigkeit und
Nächstenliebe ausschaut, bringt in Wahrheit dem egoistischen
Fortpflanzungsbestreben der eigenen Gene entsprechende Vorteile. Andernfalls
würde ein solches Verhalten von der natürlichen Auslese erbarmungslos
wegselektiert, wie andere Krankheiten auch. (Pichler-Katechismus: Bergpredigt)
Abb. 5: Die Evolution hat keinen
Plan und kein Ziel und keinen Steuermann. Gene sind chemische Gebilde, die
blind und ziellos und rein automatisch physikalischen Kräften unterliegen,
ähnlich wie die Wassermoleküle, wenn sie an der Fensterscheibe Eisblumen
bilden.
Abb. 6: Wenn Soziobiologen sagen
"Vergewaltigung von Frauen ist ein natürlicher Vorgang", dann wollen
sie damit ein solches Verhalten weder verharmlosen noch rechtfertigen oder gar
empfehlen, sondern lediglich zum Ausdruck bringen, dass es sich auf natürliche
Weise entwickelt hat, weil es fortpflanzungs-egoistische Vorteile bringt. (Soldaten der Roten Armee 1945 in Berlin)
Abb. 7: Die Sozialdarwinisten des
19. Jahrhunderts haben übersehen, dass der "Sieg der Stärkeren" auch
von unten nach oben wirken kann. Man kann mit Darwin nicht nur die Ausbeutung,
sondern auch die Revolution verteidigen. (Ein
Adeliger des 16. Jahrhunderts wird von aufständischen Bauern erledigt;
Holzschnitt von H. Schäuffelein)
Abb. 8 & 9: Mao Tsetung (links)
und Enver Hoxha (rechts) haben im sozialistischen China und Albanien nach
Kräften versucht, das Entstehen einer neuen, privilegierten Herrscherklasse zu
verhindern, und sind dabei total gescheitert: Der gen-egoistisch gesteuerte
Machthunger der Funktionäre war einfach stärker.
Abb. 10: Krieg und Völkermord
bedeuten seit eh und je: die Männer abschlachten und die Frauen schwängern. Das
war in der Steinzeit nicht anders als in der Barockzeit oder vor zehn Jahren in
Bosnien. Gene, die Männer zu solchen Handlungen veranlassen, vermehren sich
eben dadurch stärker und haben sich deshalb seit Jahrmillionen immer wieder
durchgesetzt. (Rubens: "Die Folgen
des Krieges")
Abb. 11: Die himmlischen Heerscharen
können mit ihrem übernatürlichen Instrumentarium die irdischen ganz schön
kräftig unterstützen, mitunter sogar ersetzen. Im Ringen um Ressourcen und
Dominanz hat die Zugehörigkeit zu einer fundamentalistischen
Religionsgemeinschaft schon so manchem zu beachtlichen Fortpflanzungs-Vorteilen
verholfen. (Guariento di Arpo: "Die
himmlischen Heerscharen")
Abb. 12: Charles Darwin (1809 -
1882) ist zwar schon seit über hundert Jahren tot, aber die Konsequenzen seiner
wissenschaftlichen Entdeckungen beginnen uns jetzt erst in ihrer
grundstürzenden Tragweite bewusst zu werden. Uns steht ein ideologischer
Umbruch ins Haus.
Räumliche Platzierung der Abbildungen:
Abb. 1: am Anfang von Kapitel 2
Abb. 2: Kapitel 2 "Schöpfungslehre"
Abb. 3: Kapitel 2 "Naturrechtslehre"
Abb. 4: Kapitel 3 "Scheinbare bzw. subjektive Selbstlosigkeit"
Abb. 5: Kapitel 3 "Bildhafte Ausdrucksweise"
Abb. 6: Kapitel 3 "Fakt und Empfehlung"
Abb. 7: Kapitel 5 am Anfang von "Marxismus-Leninismus und
Turbo-Kapitalismus"
Abb. 8 & 9: Kapitel 5 in der Mitte von "Marxismus-Leninismus und
Turbo-Kapitalismus"
Abb. 10: Kapitel 5 gegen Ende von "Nationalismus"
Abb. 11: Kapitel 5 "Religiöser Fundamentalismus"
Abb. 12: Kapitel 6